Grätzlgeschichten

13 | No sleep till Meidlinger Platzl

Stadt Wien Season 1 Episode 13

Diese Episode der Grätzlgeschichten entführt uns ins Herz von Meidling: Das Meidlinger Platzl zwischen Theresienbad, Fußgängerzone Meidling (FuZo) und Meidlinger Markt steht im Mittelpunkt unseres Ausflugs in die Bezirksgeschichte.

Walter erzählt von den alten Gemeindegebäuden, den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs und modernen Stadtentwicklungsprojekten. Wir sprechen über die besondere Mischung aus kleinen Geschäften, die soziale Struktur der Einkaufsstraße und die Rolle der Bürger*innenbeteiligung bei der Neugestaltung des Viertels.

Ein weiteres Highlight ist die wechselhafte Geschichte des Meidlinger Marktes – von seiner Gründung im Jahr 1873, über Phasen des Verfalls, bis hin zu seiner heutigen Renaissance als beliebter Treffpunkt mit einem vielfältigen kulinarischen Angebot.

Tauche mit uns ein in die Geschichte von Meidling und entdecke, was dieses Grätzl so besonders macht!

Mehr Wiener Geschichte findet ihr im Wien Geschichte Wiki. Andreas und Walter könnt ihr außerdem in der Geschichtsgreißlerei hören.

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Andreas Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Grätzlgeschichten. Es begrüßen euch, Andreas und Walter. Walter, in welchen Bezirk geht's heute? Walter Heute geht es in den zwölften Bezirk nach Meidling. Andreas No sleep till Meidling. Walter Definitiv ein Stadtteil, der nie ruht, der sehr jung ist, der sehr lebendig ist. Und mittendrin in Meidling gibt es einen Haufen Orte, wo man schön abfeiern kann und sehr viel unternehmen kann. Andreas Und welchen konkreten Ort hast du uns mitgebracht? Walter Ja, wir beginnen heute mit dem Meidlinger Platzerl, das ist relativ nah bei der Wienzeile. Befindet sich in der Nähe vom Wienfluss zu Beginn der Meidlinger Hauptstraße und ist eigentlich so im Zentrum zwischen dem Theresienbad, dem Meidlinger Markt und der Fuzo Meidling, also der Fußgängerzone. Andreas Okay, aber zuerst, lieber Walter, noch zwei Minuten Heimatkunde. Walter Welcher Bezirk kann sich schon rühmen, einen so genannten und jetzt kommts lateralen apikal, dentalen Konsonanten als das ideelle Wahrzeichen auszusuchen. Bei diesem Unwort handelt es sich um die sprachwissenschaftliche Definition des berühmten Meidlinger L. Irrigerweise wird dieses den tschechischen Arbeitsmigrant*innen im 19. Jahrhundert zugeschrieben. Die Ableitung des L aus dem Tschechischen ist aber ein historischer Fehler. Kein Fehler hingegen ist, dass Arbeit und Industrie für den Bezirk ein prägendes Merkmal darstellen. Walter Aber auch Vergnügungen und adelige Repräsentanz schenken dem zwölften Gemeindebezirk seinen bunten Charakter. Der Bezirk selbst wird im Zuge der Eingemeindungswelle von 1890 verwaltungstechnisch integriert und besteht anfangs aus sehr unterschiedlichen Dörfern. Unter- und Obermeidling, Gaudenz-, Hetzen- und Altmannsdorf. Gaudenzdorf und Untermeidling entwickeln sich dank des Wienflusses gewerblich sehr früh. Das erst im 19. Jahrhundert regulierte Gewässer birgt Chancen und Gefahren. Walter Die permanente Überschwemmungsgefahr hält viele Gewerbebetriebe nicht ab, ihr wirtschaftliches Glück am Wienfluss zu suchen. So siedeln sich früh Fischer*innen, Wäscher*innen, Färber- und Lederbetriebe am Fluss an, später kommen dann auch noch industrielle Ansiedlungen dazu, wie zum Beispiel Gaswerke. Die Entwicklung von Obermeidling nimmt hingegen mit dem Ausbau des Schienenwesens sprichwörtlich an Fahrt auf. Denn nicht nur die Errichtung der Südbahnstrecke fördert die Ansiedlung von Industrie. Walter Auch die heutige Badener Bahn schafft zahlreiche Arbeitsplätze. 1885 gegründet, dient sie nicht nur dem Personenverkehr, sondern ist auch eine der wichtigsten Transportlinien für Ziegel aus dem Wiener Becken in die rapid wachsende Kaiserstadt. Übrigens Kaiserstadt. Das Schloss Hetzendorf prägt für lange Zeit diesen Stadtteil. Die Barockanlage wird vor allem für Sommerfeste des Hofes genutzt, und Maria Theresia legt eine Allee zwischen den beiden Schlössern. Walter Heute residiert die berühmte Modeschule in diesem fürstlichen Ambiente. Der kaiserliche Hof motiviert auch viele Adelsfamilien, ihre Schlösser in der Nähe zu errichten. Ins Wählen siedlen dann auch die beiden großen politischen Antagonisten SPÖ und ÖVP ihre akademischen Kaderschmieden an. Im restlichen Meidling herrscht hingegen bittere Wohnungsnot. Darum richtet das rote Wien der Zwischenkriegszeit seinen Fokus zur Errichtung sozialer Wohnungen unter anderem auf den Arbeiter*innenbezirk Meidling. Walter Was dazu führt, dass Meidling gemessen an seiner Größe den höchsten Anteil an Gemeindebauten aufweist. Wo Adel und Proletariat in unmittelbarer Nähe wohnen, ist dann auch meist das Vergnügen nicht fern. Meidling gehört im 19. Jahrhundert zu den Hotspots des Vergnügungsgewerbes. Thermen, Bäder und Biergaststätten für bis zu 20.000 Gäste prägen für lange Zeit diesen Bezirk. Diese Freizügigkeit offenbart sich dann auch in den sehr sonst biederen Wiener Bezirkswappen. Walter Denn das Meininger weist im Zentrum eine barbusige Wassernymphe auf. Ein Hinweis auf die dort ansässigen Thermalquellen. Und schließlich und endlich findet sich auch Wiens bekannteste Disco Meidling, das sagenumwobene U4, wo sich einst Popgrößen wie Prince, Johnny Depp und Falco die Klinke in die Hand drückten. Übrigens Prominenz in Meidling. An diese mangelt es nicht. Inwieweit die Vergnügungsindustrie darauf Einfluss hatte, dass große Unterhaltungskünstler wie der Kabarettist Hermann Leopoldi oder der Liedermacher Georg Danzer Ur-Meidlinger waren, ist natürlich schwer nachweisbar, aber möglich. Walter Die himmelschreiende Armut und gleichzeitig proletarische Solidarität brachte auch eine der schillernsten Figuren der Wiener Unterwelt hervor, nämlich den als Robin Hood von Meidling bekannten Josef "Schani" Breitwieser, der zum bekanntesten Einbrecher Wiens und angeblichen Wohltäter am Ende der Monarchie wurde. Und dass das Meidlinger Solidaritätsgefühl auch in die Welt getragen wurde, zeigt das Beispiel der in Meidling geborenen Hermine Santrouschitz. Sprecher 1 Bekannter wurde diese Heldin unter den Namen Miep Gies. Und sie war diejenige, die die jüdische Familie Frank im nationalsozialistischen besetzten Amsterdam in ihrem Versteck mit Lebensmittel und Informationen versorgte. Und schließlich das weltberühmte Tagebuch der Anne Frank rettete. Nach ihr wurde am Kabelwerk im Platz benannt. In ihrer Vorstadtbescheidenheit kommentierte sie ihr mutiges Tun, dass sie ja nur das getan hatte, was nötig war. Walter Da kann man nur sagen Chapeau und danke Meidling für deine Bürger*innen. Andreas Ja, danke, lieber Walter, für all die Informationen. Jetzt aber nochmal Meidlinger Platzerl. Wie komme ich da jetzt genau hin? Wo ist das? Walter Ja, in der Nähe von der U4 Station Meidling. Zwei Minuten zum Gehen. Ist ein relativ kleiner Platz, der aber recht zentral liegt. Steht in der Mitte zwischen Theresienbad, Meidlinger Hauptstraße und eben auch zum Meidlinger Markt, wo eigentlich so ein bisschen das historische Zentrum auch von Meidling, also früher stand dort das Gemeindehaus, der Gemeindearrest, das sogenannte Fingerschlösser. Walter Das gibt es alles nicht mehr dort. Was es aber noch gibt es ein sehr altes Marterl, deshalb ist das ein Anachronismus. Das wurde 1687 errichtet, wahrscheinlich als Pestsäule. Und da steht halt mitten in Meidling eigentlich dieses sehr alte Symbol der kirchlichen Vergangenheit Meidlings. Andreas Ja die Meidling Hauptstraße ist ja eigentlich recht schön geworden die letzten Jahre über. Walter Ja, die Meidlinger Hauptstrasse wird auch sehr gut angenommen von der Bevölkerung, ist in der Geschichte auch immer die wichtigste Verkehrslinie Meidlings also sie ging vom Wienfluss hin zum Meidlinger Bahnhof, einer der ganz wichtigen Bahnhöfen in der Stadt und wurde erst nach der Eingemeindung angelegt und war die Hauptstraße eben von Meidling. Walter Was auffällt ist die Architektur dort. Es ist sehr durchmischt und es gibt dort einige alte Gebäude aus der Jahrhundertwende Ende 19./20. Jahrhundert, aber gleichzeitig auch sehr viele mehrgeschossige Büroneubauten. Das war ein Resultat, natürlich auch, dass Meidling einer der Bezirke war, die am schwersten von den Bombardements während des Zweiten Weltkriegs betroffen waren und dementsprechend auch sehr viele Häuser verwüsteten, zerstört waren und hier man die Chance hatte, eben auch Neubauten zu errichten. Andreas Das Schöne ist sind glaube ich auch die vielen kleinen Geschäfte in der Meidlinger Hauptstraße selbst. Walter Also da unterscheidet sich die Fuzo Meidling sehr von anderen Fußgängerzonen, sie orientiert sich da wirklich mehr oder weniger an zwei Gruppen, nämlich an die lokale Bevölkerung mit ihren Bedürfnissen. Das heißt also ist ein hoher Anteil an proletarischen und migrantischen Gruppen, aber auch natürlich an Pendler, die beim Bahnhof Meidling auch umsteigen und in die Nahverkehrszüge einsteigen und dort natürlich am anderen Ende der Fußgängerzone einkaufen. Walter Es gibt es sehr viele Dienstleister, sehr viele Textilienhändler. Es gibt sehr viel für täglichen Bedarf, aber vor allem auch kleinere Geschäfte und keine Flag-Stores wie in anderen großen Fußgängerzonen oder riesige Einkaufszentren. Sie ist ungefähr einen Kilometer langen hat immerhin 150 Geschäfte. Andreas Ja, und seit wann gibt es die Fußgängerzone dort überhaupt? Walter Ja, die Fußgängerzone gibt es seit Beginn der 90er Jahre erst so richtig, also bis 1989 ging die Straßenbahnlinie 8 durch, also es war eine Verkehrsstraße, eben, wie gesagt, eine sehr wichtige Verbindungslinie zwischen den beiden Bahnhöfen. Und wie immer gab es am Anfang Bürgerproteste und die Leute wollten das nicht, dass das eine Fußgängerzone wird, man weiß nicht, was da passiert und wie immer ist man dann auch in Wien sehr glücklich, dass die auch eingerichtet wurde. Und wie gesagt, sie wurde auch sehr gut angenommen und man hatte sich natürlich auch dann einen Spitzenarchitekten ins Boot geholt, nämlich den Boris Podrecca, der diese Planung vornahm. Walter Boris Podrecca war bekannt als Architekt für den Milleniumstower, für das Vienna Biocenter war international auch sehr bekannt und reüssierte auch. 1994 wurde dann endgültig auch diese Fußgängerzone in der ersten Phase eröffnet. Andreas und aber in den letzten Jahren ist ja dann nochmal sozusagen die Stadt hat da keine Kosten und Mühen gescheut und hat das Ganze noch mal verschönert und verbessert. Walter Also das war wirklich sehr außergewöhnlich, das muss man auch einmal sagen haben, dass man auch in ihrer zweiten Phase gesagt okay, wo es dann die Mängel, was kann man verbessern? Man hat dann eigentlich auch Bürgerbeteiligungsverfahren eingerichtet, man hat die Leute befragt, was kann man nicht tun? Und man hat dann wirklich auch sehr viel getan. Es gab ja die Erneuerung des Oberflächenbelags mit Granitsteinen. Walter Es handelte von einer ersten Orte, wo es ein gratis WLAN gab. Sitzbänke wurden aufgestellt, neue Bäume wurden gepflanzt, Barrierefreiheit wurde dort geschaffen und auch die Schaffung von konsumfreien Aufenthaltsflächen. Und dementsprechend kommt auch die Fußgängerzone auch natürlich auch bei Jugendlichen und auch bei älteren Leuten gut an. Andreas und das ganze auch noch umgesetzt mit einer Bürgerbeteiligung nicht. Walter Genau. Also die Bürgerbeteiligung auch hat den ganzen wichtigen Beitrag geliefert. Walter Das sie natürlich auch zur Zufriedenheit der Bewohner*innen auch ausgeführt wurde und es gibt auch eine hohe Identifikation mit der Fuzo. Es gibt auch sehr viele Umfragen. Die Stadt Wien hat da wiederum nachgefragt. Kommt es gut an, kann man was weiter verbessern? Und gerade die Studien ergaben einen hohen Zuspruch gerade von älteren Menschen und von Jungen mit Migrationshintergrund. Und ich glaube, dass eben diese diese Spezifika dieser Fußgängerzone ist eben dass sie eine Art Sichtachse auch hat. Walter Das ist ja relativ architektonisch auch transparent. Es gibt sehr viele Cafes und vor allem es gibt wenig Gentrifizierung noch. Andreas Das führt auch dazu, dass viele Freunde von mir auch wirklich den Meidlinger Markt extrem gern haben und gerne dort hingehen. Walter Auch der Meidlinger Markt, der in unmittelbarer Nähe sich befindet, hat ja auch seine wechselhafte Geschichte. Der wurde ja schon 1873 gegründet. Walter Das war der klassische Bezirksbauch für eine boomende Gemeinde, vor allem eben für Untermeidling und war für lange Zeit einer der wichtigsten Märkte in Wien. Also es gab auch gegenüber dieses Pfann'sche Bad und es ist ja auch schon verschwunden, es waren Thermalbäder mitten der Stadt. Und jetzt kommen wir jedoch noch zurück. Nach dem Ersten Weltkrieg war leider der Meidling am Markt auch dem Verfall ein bisschen preisgegeben. Walter Das ist natürlich auch mit der Wirtschaftskrise zusammen gehängt, aber es gab dann einen ersten Renovierungsschub 1926. Man hat dort feste Marktstandln eingerichtet. Es wurden über 100 Marktbetreiber*innen eingeladen, diesen Markt neu zu beleben. Mit festen Standgruppen, mit Auslaufbrunnen, mit so einer Brückenwaage. Es war wirklich ein professioneller Marktbetrieb, der Mitte der 20er Jahre da eingerichtet wurde. Und das war auch wiederum nur möglich, wenn natürlich die Stadt das gefördert hat, also das ist nicht nur die Eigeninitiative der Marktstandler gewesen, sondern die Stadt Wien hat, wen auch nur eine geringe Summe, doch einen Kredit zur Verfügung gestellt, um eine Modernisierung voranzutreiben und es hat natürlich auch dann wirklich gefruchtet. Andreas Ja, dann, nehme ich an, wird auch der Markt während des Zweiten Weltkriegs von schweren Bomben Treffern betroffen gewesen sein, aber nach 1945 wieder aufgebaut? Walter Ja, also der Markt war extrem wichtig, natürlich für die Nahversorgung. Nach 45 hat man versucht, ihn so rasch wie möglich aufzubauen. Hat eigentlich auch ganz gut funktioniert. Aber auch hier wiederum, wenn man nicht dahinter ist sofort gibt es einfach Probleme mit der Hygiene, mit Verwahrlosung der Bausubstanz. Andreas Also die unsichtbare Hand des Marktes funktioniert nicht ganz. Walter Nicht einmal beim Markt. Auch die Standler haben natürlich gesagt, wenn es keinen generellen Plan gibt, was soll man da tun? Er war dann eigentlich recht übel beleumundet. Da waren sehr seltsame Lokale, die haben sich in der Umgebung angesiedelt. Ratten sind da quer durchgelaufen, es gab keine hygienischen Einrichtungen. Walter Und dann hat man eben doch einmal eine Initiative Mitte der 80er Jahre gestartet und hat versucht, eben diesen Markt noch einmal zu revitalisieren. Im Zusammenhang auch mit der Diskussion zur Fuzo Meidling und hat das Pfannsche Bad abgerissen, das eigentlich auch nicht mehr wirklich gut angenommen wurde. Also das war auch wirtschaftlich sehr defizitär und hat dort den Hermann Leopoldipark eingerichtet und hat den Markt noch einmal revitalisiert. Walter Und ab den 2000er Jahren hat die Stadt Wien noch einmal große Mittel investiert, hat noch einmal Kanalisation verbessert, Stromleitungen gelegt, vor allem Toilettenanlagen auch eingerichtet. Und seitdem boomt auch der Markt und ist wirklich ein ganz wichtiger Markt in der Stadt und auch im Zentrum für kulturelle und andere Angelegenheiten. Andreas Ja, ich habe das Gefühl, es ist eine bissl eine Durchmischung von hippen Lokalen, von bodenständigen Tschocherln, Gemüse und Regionalangeboten. Also eigentlich ziemlich gelungen. Walter Kann man so sagen. Es ist wirklich mit der Planung und natürlich auch mit der Initiative der Markt und Eigeninitiative von sehr vielen NGOs. Es gab dann auch sehr politisch aktive Gruppen, die sich vor allem mit der Migrationspolitik dort beschäftigt haben, die es nicht mehr gibt. Aber es war wirklich ein gelungenes Experiment und es war ganz wichtig, diesen Markt zu retten. Walter Weil sonst wäre da verloren gegangen. Und es wäre wirklich ein ganz wichtiger Bestandteil von Meidling weg gewesen. Andreas Ja, und jeder Verlust oder jede Gentrifizierung des Marktes ist ja in gewisser Weise Klassenkampf. Und wenn man jetzt aber den Morgen Einkauf erledigt hat und kurz Frühstück hat und dann bietet sich sehr an, auch weiter ins Theresienbad zu schauen, oder? Walter Ja, das Theresienbad ist ja ein ganz interessantes Bad, auch eine tolle Einrichtung. Walter Es ist also praktisch auf der anderen Seite von der Fußgängerzone aus, also zwei Gehminuten entfernt. Und das Tolle an dem Theresienbad ist Wiens älteste Thermalquelle dort. Also schon die Römer kannten diese Quelle als Thermalquelle, haben sie auch genützt. Darum gibt es auch im Bezirkswappen diese barbusige Nymphe. Während der Osmanenbelagerung 1529 wurde dieses Bad auch wiederum zerstört. Walter Also zumindestens die Einrichtungen. Es wurde danach ein Jagdschlösschen dort mit der Quelle errichtet, die Maria Theresia hat dort eine Wollfabrik auch für straffällige Frauen als Besserungsanstalt eingerichtet, also eine Art Zwangsarbeiterlager. Das wurde dann später nach Linz verlegt und die Jesuiten entdeckten diese Heilquelle wieder, haben gesehen, ah das hilft gegen Hautkrankheiten, gegen Gelenksentzündungen und haben das das erste Mal wieder genützt als Heilquelle und Thermalquelle. Walter Die Quelle wurde so sporadisch mit Holzbalken umzäunt. Es gab so ein erstes Bassin, das war alles natürlich, sehr primitiv und das Bad reicht ja wirklich bis zur Schönbrunner Straße. Und es gab dann später auch die Errichtung von Pavillons und so Theateraufführungen dort. Also es wurde im Zuge des 19. Jahrhunderts auch wirklich immer mehr belebt. Andreas Aber ich hoff die Moderne hat dann irgendwie Demokratisierung gebracht und das war dann immer nur für Adelige offen. Walter Am Anfang war es eigentlich nur für den Adel, also bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Dann hat sich ein Adeliger dieses Bads angenommen. Nämlich der Freiherr von Ehrenfels, der hat das Bad 1803 übernommen, hat's der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Also war natürlich auch hier für eher betuchtes Publikum gedacht. Zunehmend wurde das aber mit der Industrialisierung und dem Ausbau der Verkehrswege, das Bad unattraktiv. Walter Also es wurden andere Kurorte attraktiv, also vor allem in Baden. Und das Bad wurde eben verkauft, nämlich über eine Lotterie. Interessanterweise hat der Lotteriebetreiber auch die Lotterie gewonnen. Andreas Also das ist die Steigerung des Satzes Die Bank gewinnt immer. Der Betreiber gewinnt selbst. Walter Wben, hat aber auch nicht gut funktioniert, war wirtschaftlich nicht wirklich sehr erfolgreich und mit der Eingemeindung 1890 hat das Bad dann kurz zugesperrt und wurde auch der Stadt Wien zugeschlagen. Walter Also 1902 wurde dieses Schloss auch, wo füher die Wollfabrik drin war, auch abgerissen und es wurde ein Sommerschwimmbad 1902 errichtet. Die Thermalquelle wurde leider versiegelt. Also nach wie vor gibt es aber noch eine heiße Quelle in Meidling und das Wasser wurde aus der neuen Hochquellleitung zugeführt und das Bassin hat sich eben mit dem Hochquellleitungswasser gespeist. Während des Zweiten Weltkriegs wurde es auch ebenfalls schwer beschädigt und aber sehr rasch wiederaufgebaut. Walter 1955 wiedereröffnet und war der erste Hallenneubau der Stadt Wien also für Bäder. Die Innengestaltung war natürlich auch sehr ausführlich und unter künstlerischer Leitung. Es gibt diese sehr schönen Mosaike vom Paul Meissner, Carry Hausner und Rudolf Hausner. Also sie haben da wirklich auch so sehr namhafte Künstler eingeladen. Es ist wirklich sehr beeindruckend, wie man im Hallenbad steht, diese Mosaike, 50er-, 60er-Jahre-Flair ist schon alleine ein Besuch des Bades wert. Walter Es gab ja auch ein zweites Kurthermalbad, das wir schon erwähnt haben das Pfannsch Mineralbad, gell? Richtig, das wurde ja auch im 19. Jahrhundert eigentlich zufällig entdeckt. Eigentlich hat man nach Wasser gebohrt und ist natürlich heißes Wasser rausgekommen. Und siehe da, man konnte das eigentlich auch nützen. Wurde 1819 eingerichtet, aber niemals erfolgreich, wie das Theresienbad. Das Theresienbad war immer ein bisschen mondäner, hatte Theateraufführungen, Kurkonzerte. Walter Das hat das Pfannsche Bad nie angeboten, wurde dann relativ bald zum Medizinalbad, also nur für Kurzwecke und 1976 wurde es endgültig abgerissen und 1983 im Zuge des Umbaus des Meidlinger Markts, entstand dort auch der Hermann Leopoldi Park. Andreas Was ist mit dem heißen Wasser passiert? Walter Das heiße Wasser bleibt versiegelt unter dem Erdboden. Ich bin nicht ganz sicher, ob das bei den Quellen nicht rausgefunden. Walter Es gibt eine Quelle, die sagt, es gibt eine Leitung nach Oberlaa, aber ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, weil die in Oberlaa natürlich ihre eigenen Thermalquellen haben und die mit diesen Tiefenbohrungen in den dreißiger Jahren nicht genug heißes Wasser zur Verfügung haben. Andreas Weil Wasser ist ja insgesamt ein Thema in Meidling oder? Walter Wasser und Meidling ist praktisch so eine Einheit. Wie schon gesagt, die Wassernymphe im Zentrum. Aber es gibt immer so dieses sehr viele Sagen des Wassermännlein, das im Wienfluss haust, also bevor der Wienfluss reguliert wurde, also die Rinne, die man jetzt hat in diesen riesigen Beton- und Steinbecken, war ja der Wienflüsse wirklich sehr gefährlich. Also vor allem, wenn Nähe von der Lobkowitz Brücke sind immer wiederum ungeübte Schwimmer ertrunken. Walter Daher gibt es auch diese Sage von dem Wassermännlein. Das es immer so auf die Opfer wartet und vor allem die kleinen Kinder, die nicht schwimmen können, in die Tiefe zieht. Das war natürlich immer so eine Abschreckung. So, bitte seids vorsichtig der Fluss ist ein gefährliches Gewässer und daher soll man auch Aufpassen. Hin und wieder findet man noch an Hausfassaden das Wassermännlein wieder. Walter Wie schon gesagt der Wienfluss war auch immer prägend für Meidling.

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19 Andreas Andreas Ja, da schließt ich mich an. Das Theresienbad, glaube ich, ein toller Ort für die ganze Familie. Ja, damit würde ich sagen Danke, lieber weiter. Ich glaube, wir sind für heute durch. Besucht den Meidlinger Markt geht ins Theresienbad. Vor allem aber likt und teilt unseren Podcast. Wenn irgendwelche Wünsche oder Anregungen habt, dann einfach ein Mail an podcast@ma53.wien.gv.at Für heute verabschieden sich Andreas und Walter. Walter Geschuldet den permanenten Änderungen, die der Bezirk Meidling durchmacht, ist unser folgender Tipp leider nicht ganz am aktuellen Stand, gehört aber zu den besten und freundlichsten Beschreibungen des Bezirks. Der Radiomacher und Autor Robert Weichinger hat mit seinem Buch "Lebensbezirk Meidling von Typen, Grätzl und Sehenswürdigkeiten" sicherlich eine der besten Darstellungen des Bezirkes geschrieben. Erschienen 2015. Über zwei berühmte Meidling erinnern sollte man sich auf jeden Fall näher informieren. Walter Da wäre sicher das abenteuerlich und sagenumwobene Leben des Einbrecherkönigs Johann "Schani" Breitwieser den Robin Hood von Meidling. Ob alles so stimmt, was über ihn gesagt und kolportiert wurde, wäre sicherlich zu hinterfragen. Die Berichterstattung über seine Verhaftung und seinen gewaltsamen Tod im Jahre 1919 gehört aber sicher zu den besten Geschichten, die der rasende Reporter Egon Erwin Kisch geschrieben hat. Walter Die Reportage hat den Titel "Wie der Einbrecher Breitwieser erschossen wurde", downloadbar im freien Projekt Gutenberg.de. Nur wenige wissen, dass eine gebürtige Meidlingerin das Tagebuch der Anne Frank gerettet hat. Miep Gies, mit dem Mädchennamen Hermine Santrouschitz versorgt die Familie Frank und andere jüdische Familien während des nationalsozialistischen Terrors in den Niederlanden mit Lebensmitteln und Informationen in ihren Verstecken. Walter Die bescheidene Frau meinte nach dem Krieg, Zitat Sie hätte nur getan, was nötig war. Ihre Verbindung zur Familie Frank hat sie in dem Buch "Meine Zeit mit Anne Frank" festgehalten. Erschienen 2009 bei Fischer.

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