Grätzlgeschichten

21 | Wie aus den ehemaligen Hofstallungen das Museumsquartier wurde

Stadt Wien

Die Grätzlgeschichte führt uns diese Woche in den siebten Wiener Bezirk. Seit mittlerweile mehr als 20 Jahren steht am Neubau eine Institution, die aus Wien nicht mehr wegzudenken ist: Das Museumsquartier. Andreas und Walter erzählen von den Anfängen des Areals als übel riechende Stallung für die Pferde der Habsburger und von jahrzehntelangen Diskussionen über die Nutzung für Kunst und Kultur. 

Hinweis: Diese Folge hört sich am besten auf einem Enzi liegend (idealerweise in Blickrichtung Kunsthalle).

Mehr Wiener Geschichte findet ihr im Wien Geschichte Wiki. Andreas und Walter könnt ihr außerdem in der Geschichtsgreißlerei hören.

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-Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Grätzlgeschichten. Es begrüßen euch Andreas und-Walter. -Walter, in welchen Bezirk geht es heute und vor allem in welches Grätzl bewegen wir uns?-Heute geht es um den siebten Bezirk Wien-Neubau und wir bewegen uns heute ins Museumsquartier.-Oh, wunderschön. Im Sommer ein bisschen wie eine italienische Piazza. Am besten, wir starten mal mit zwei Minuten Heimatkunde.-Obwohl der siebte Bezirk nur 1,6 Quadratkilometer Fläche aufweist und mit etwas mehr als 31.000 Bewohner*innen insgesamt 1,6 Prozent der Wiener Gesamtbevölkerung, gehört er zu den quirligsten und untriebigsten Bezirken in ganz Wien. 1850 als ehemalige Vorstadt in die Hauptstadt eingegliedert, war er anfangs der sechste Bezirk. 1861 wird der vierte und der fünfte Bezirk aufgespalten und Neubau rutscht von der Nummer sechs auf die sieben. Seinen historischen Kern hatte die Vorstadt um die Pfarre St. Ulrich, deren Gründung schon ins zwölfte Jahrhundert zurückreicht. Die Stiftung erfolgt durch den Orden der Schotten, die für den Bezirk eine wichtige Rolle spielen werden. Denn diese besitzen das sogenannte Schottenfeld und die geschäftstüchtigen Mönche verpachten bzw. verkaufen kleine Parzellen schon früh an Handwerker und Gewerbetreibende. Dies legt den Grundstein für eine florierende Textilindustrie am Schottenfeld und dem sogenannten Brillantengrund. Vor allem die für die anfängliche Industrialisierung so wichtige Seidenindustrie siedelt sich zwischen dem heutigen Gürtel und der Kaiserstraße an. Man kann durchaus vom Manchester Wiens in Wien Neubau zu dieser Zeit sprechen. Das führt aber nicht nur zum Reichtum der Fabrikanten, sondern auch zu unsäglichem Elend der Arbeiter*innenschaft. In den für den siebten Bezirk typischen Hinterhöfen und Pawlatschenhäusern wird auf engstem Raum produziert, gelebt und gestorben. Was heute romantisch wirkt und als Immobilieninvestition in Betracht kommt, waren früher lichtlose, unhygienische und trostlose Elendsquartiere. Die Mehrheit der damaligen Textilarbeiter*innen stammt vor allem aus den Kronländern Mähren und Böhmen. Und der Zu- und Wegzug von großen Bevölkerungsgruppen macht auch eine Eigenheit des Bezirks aus. Pest und die beiden osmanischen Belagerungen von 1529 und 1683 dezimieren die ansässige Bevölkerung. Die dadurch entstandenen Lücken werden aber schnell durch Handwerker aus Spanien und Italien gefüllt. Und der eine oder andere ehemalige osmanische Belagerer bevorzugt die Ansiedlung vor der Fortführung eines unsicheren Soldatenlebens. Vielleicht liegt auch hier der Grund für das tolerante und weltoffene Lebensgefühl des Bezirks. Die Krise der Textilindustrie führt in den 1950ern und 60ern wieder zu einer massiven Bevölkerungsabwanderung. Innerhalb weniger Jahrzehnte verliert der Bezirk zehntausende seiner Bewohner*innen. Und wer zieht in die heruntergekommenen, aber billigen Gründerzeithäuser ein? Student*innen. Diese prägen ab den 1970ern entscheidend das Bezirksbild, denn sie bleiben auch dort und im Zuge ihres zunehmenden Wohlstandes nach Studienabschluss, gentrifiziert Neubau mit all seinen Vor- und Nachteilen. Nicht umsonst bekommt er dann auch einen neuen Spitznamen. Bobograd. Die Stadt der Bourgeoisen-Boheme. Doch nicht nur Textilien werden hier produziert. Luxusartikeln für den Hof, Spielwaren, Möbel und vieles mehr kommen aus Neubau. Selbst die Filmindustrie spielt eine wichtige Rolle, die meisten Kinos und die größten Filmverleihfirmen siedeln sich hier an. Die vielen Foto- und Filmgeschäfte am Schottenfeld legen noch davon Zeugnis ab. Und selbst die wichtigste Glocke des Landes wird hier produziert. Nämlich die alte Pummerin von St. Stefan wird in einer Gießerei in der Burggasse nach 1683 aus erbeuteten türkischen Kanonen gegossen. Neubau bietet jedoch noch vieles mehr. So zum Beispiel die höchste Gasthausdichte Wiens, was von den unzähligen Wirtshäusern während der Industrialisierungsphase herrührt. Die Arbeiter*innen hatten aufgrund der extremen Arbeitsbedingungen keine Zeit fürs Kochen. Hier halfen unzählige, billige Ausspeisungen aus. Eine infrastrukturelle Grundlage für das schicke Ausgehviertel der Wiener Nachtschwärmer*innen. An einem mangelt es dem Bezirk

dann doch:

an Grünflächen. Nur 2 % der Gesamtfläche sind Parks. Damit rangiert der Bezirk am unteren Ende der Gesamtskala. Es gibt nicht einmal einen Friedhof, obwohl die Gemeinde St. Ulrich einen der größten Friedhöfe der Stadt um das Grätzl des Siebensternplatzes bis zu seiner Auflassung von 1783 verwaltete. Hier wurden in den 200 Jahren der eines Bestandes fast eine Viertel Million Menschen begraben und nicht alle Überreste wurden auf die neuen Friedhöfe in die Außenbezirke gebracht. Viele Familien konnten sich die Überführung der Leichname ihrer Verwandten nicht leisten und daher sind Knochenfunde bei den vielen Grabungsarbeiten im Siebten Bezirk keine Seltenheit. Und gegraben wird im Bezirk viel. Den letzten Höhepunkt bilden die neuen U-Bahn-Arbeiten, die unter anderem auch in Neubau stattfinden. Also ein Bezirk im permanenten Umbruch wie kaum ein zweiter in der Stadt.-Danke Walter zu diesen tollen Informationen zum Bezirk. Kommen wir zum Grätzl und zum Museumsquartier selber. Es ist ja irgendwie so zwischen Mariahilfer Straße und Burggasse fast am ersten Bezirk dran. Wenn man so durchgeht, ganz viele Höfe, in denen sich unterschiedlichstes tut. Du wirst wahrscheinlich gleich mir erzählen, warum das so ist.-Eigentlich zwischen dem Spittelberg und dem Ring, also auf dem früheren Glacis. Das war eigentlich so eine militärische Sperrzone, da durfte ja nichts gebaut werden.-Vielleicht erklärt das auch die Höhenunterschiede, die man dort vorfindet. Da hat es ja Mauer und Gräben gegeben.-Richtig. Dieser Glacis-Bereich konnte dann eigentlich im 17. Jahrhundert dann langsam auch bebaut werden. Das war ein bisschen gegen Widerstand vom Kriegsrat. Aber die Habsburger mussten und brauchten ganz dringend neue Hofstallungen für ihre Pferde. Also Pferde spielen natürlich für eine Adelsgesellschaft immer eine sehr wichtige Rolle. Nicht nur aus militärischen Gründen, sondern auch aus Repräsentationsgründen. Und die Habsburger waren sowieso immer Pferdenarren. Und irgendwo mussten ja diese Pferde untergebracht werden.-Das waren eine Menge Pferde.-Das waren eine Menge Pferde, die haben die natürlich gehabt. Und die wurden am Anfang über die ganze Stadt verteilt. Also teilweise auch in der Hofburg selbst gab es Stallungen. Das war aber sehr unhygienisch. Es hat stark gerochen. Pferdemist und Pferdeurin, wie wir ja wissen, riecht ja nicht gerade super fein. Und die anderen Pferde wurden so über 53 Orte in der Stadt selbst verteilt. Irgendwann musste man das zentralisieren, weil das war einfach ein wahnsinniger logistischer Aufwand, die Pferde immer zusammenzuholen, Futter bereitzustellen, etc. Und man fasste den Plan im 18. Jahrhundert, 1713. Man braucht eine zentrale Anlage, wo man die Pferde unterbringen kann. Also Karl VI. beschließt, die Hofstallungen außerhalb der Stadtmauer zu bauen, also genau gegenüber dem Burgtor. Man geht da eigentlich relativ zügig und rasch voran. Also innerhalb von wenigen Jahren wird dieser Bau errichtet. Es war eigentlich schon vorher dort ein kaiserlicher Geflügelhof. Da haben wir schon gesagt, der Kaiser musste ja extra sich eine Genehmigung, eigentlich auch holen, vom Kriegsrat, weil die durchaus Bedenken hatten, war wie gesagt, eigentlich keine Gebäude in dem Bereich.-Türkenbelagerung war ja noch nicht so lange her.-Und 1719 beginnen auch die Bauarbeiten und sie nehmen sich da wirklich einen Stararchitekten, nämlich den Fischer von Erlach.-Wichtiger Architekt für Wien, der hat zum Beispiel gebaut...-Zum Beispiel die Karlskirche stammt auch von ihm. Wie gesagt, der baut die ganzen großen repräsentiven Bauten für die Habsburger, für das neue Imperium, das auch wirklich damals am Höhepunkt seiner Macht war. Und es war auch die Grundidee, wenn man schon so eine der wichtigsten Hauptstädte der europäischen Welt darstellt, dann orientiert man sich natürlich an die Antike und natürlich an Rom. Und das große Vorbild war der Stomus Aurea Neronis. Das war das Goldene Haus, der Kaiserpalast von Nero.-Vor kurzem wieder neu eröffnet in Rom, kann man wieder besichtigen.-Ja, also ein wahnsinnig großes Gebäude, eigentlich fast eine Stadt in der Stadt. Und dort wollte man also bis zu 600 Pferde unterbringen, 200 Kutschen. Also das ist wirklich eine große Anzahl. Eine Pferdeschwemme, ein Amphitheater sollte dort eingerichtet werden.-Was Ist eine Pferdeschwemme?-Eine Pferdeschwemme war, wo man die Pferde eigentlich gewaschen hat.-So eine Art Waschstraße für Pferde.-Eine Waschstraße, genau. Man kann sich das ein bisschen vorstellen wie ein Autosalon, nur mit Pferden und mit Kutschen. Ja, und wie schon gesagt, das römische Kaiserreich bildet da eigentlich den Bezugspunkt. Um 1725 wird dann das Gebäude sehr rasch eben fertiggestellt, aber eigentlich nur Teile. Weil das war natürlich wiederum zu teuer. Dann kam dann sind Sachen dazwischengekommen, wie immer in Wien. Also nur die Hauptfront, diese Barocke, die man heute jetzt noch kennt, stand da. Also Fischer von Erlach stirbt auch 1723 und nach ihm wird das Gebäude rasch eigentlich fertiggestellt. Also von seinem Sohn eigentlich. Interessanterweise wird das dann auch bald wieder zu klein. Also selbst 600 Pferde sind nicht ausreichend für den Habsburger Hof. Und man muss eben immer wiederum dazubauen und Nebengebäude entstehen. Also es ist ein bisschen so ein Gewirr. Also die Stadt wird durch eine kleinere Städte und Plätze selbst wiederum ergänzt.-Jetzt kann ich mir vorstellen, also der Karl VI. hat das eben da direkt in der Nähe der Hofburg bauen lassen. Aber wir haben ja schon gehört, Geflügelhof, Pferdestallungen. Das wird nicht so angenehm gewesen sein, oder?-Nein. Überhaupt nicht. Das hat dann wirklich furchtbar gestunken natürlich. Und seine Tochter, die Maria Theresia, ist dann deshalb auch sehr oft nach Schönbrunn eben raus. Im Sommer vor allem. In der Hitze war natürlich der Gestank besonders intensiv. Also das war auch einer der Gründe dieser Stadtflucht. Weil einfach diese 600 Pferde oder mehr einfach die Geflügelfarmen und so weiter furchtbar gestunken haben. Also raus aus der Stadt, rein nach Schönbrunn ins Grüne.-Ist auch sehr hübsch da.-Aber die Distanz hat natürlich schon ein bisschen geholfen jetzt. Also auf der einen Seite hatte man die Burg, die Hofburg. Und auf der anderen Seite so ein paar hundert Meter weiter eben die neuen Hofstallungen. Die werden während der Belagerung der Franzosen schwer beschädigt.-Das ist dann, also du meinst die napolonischen Kriege?-Genau, also 1809. Der Spittelberg bietet sich natürlich immer für kriegerische Handlungen an, so als Geschütz. Ja, die Höhe. Da kann man Geschütze drauf stellen. Und da kann man die Stadt einfach gut beschießen. Und die Franzosen haben das genützt. Die Osmanen haben das genützt. Und durch die Kämpfe werden die Hofstallungen stark in Mitleidenschaft gezogen. Lange Zeit bleibt es auch recht desolat. Und erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts nimmt sich der Kaiser Franz Josef der Sache wieder an. Der war natürlich auch sein großer Pferdenarr. Und vor allem seine Gattin, die Kaiserin Elisabeth. Und die fangen an ab 1850 praktisch diese Hofstallungen umzubauen. Machen sie aber auch sehr klandestin und in Geheimen. Weil die Habsburger zu dieser Zeit ja sehr unbeliebt waren. Also die Revolution wurde erst vor kurzem niedergeschlagen. Die Wiener waren eigentlich total sauer auf die Habsburger. Und jetzt auch noch Geld auszugeben für ihre Luxuskutschen und für ihre Pferde. Also das kam ihnen gar nicht in den Sinn. Also da ist alles recht im Geheimen geplant und gebaut. Ja, aber innerhalb von wenigen Jahren entsteht die Hofstallung. Die Hofstallung neu. Eine Pferdehalle wird dort eingerichtet. Es wird auch ein Ponyreithof eingerichtet. Also es wird wirklich so richtige Hofstallungen völlig neu. Ja und das bleibt auch bis 1918 so. 1918 mit der Gründung der Republik. Die Habsburger sind nicht mehr da. Was macht man mit den Hofstallungen? Also das ist eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Zeitweise wurden diese Pferdekoppeln ja auch schon durch Garagen ersetzt. Natürlich das Automobil feiert seinen Siegeszug. Und findet natürlich jetzt auch Plätze in den Hofstallungen. Und ab 1921 wird die Hofstallung für die Wiener Messen genützt. Also die Stadt Wien nimmt sich dieser Gebäude an.-Bietet sich an. Große Hallen. -Da gibt es jede Menge Veranstaltungen. Es gibt Messen. Viele Jahre bleibt das eigentlich auch so. Es werden auch Wohnungen dort eingerichtet. 1918 natürlich eine extreme Wohnungsnot in Wien. Und da ist ja das Kuriosum, dass dort bis zur Erneuerung in den 90er Jahren, dass sehr viele Leute auch gewohnt haben. Und zwar zu sehr günstigem Zins. Also wir hatten noch diesen Kronzins.-Heute würde man sagen, großartiger Bereich zum Wohnen.-Ja, also wirklich großzügige Wohnungen natürlich. Und zentrale Lage heute unbezahlbar. Und bis in die 90er Jahre also relativ wenig Miete. Während 1940 bis 1945 nehmen sich die Nazis das Gebäude an. Sie veranstalten dort ebenfalls diverse Feste, Kongresse, Parteiveranstaltungen. Und ab 1946 wird das Gebäude wieder zur Messe. Und da muss man sagen, es war dann lange Zeit, blieb es verwahrlost. Also es war wirklich so ein Überbleibsel. Die Messen brauchen eigentlich nur Hallen. Da braucht man nicht große Infrastruktur investieren. Und dementsprechend hat man das eigentlich relativ runterkommen lassen. Und Anfang der 1980er Jahre fängt man dann eigentlich an. Das ist schade um das Gebäude. Es ist zentral. Es ist riesengroß. Immobilien sind teuer. Flächen der Stadt sind sehr kostbar.-Es ist extrem zentrumsnah.-Es ist extrem zentrumsnah. Also was plant man wie immer? Zuerst ein Einkaufszentrum und ein Hotel. Und da gibt es am Anfang dann schon sehr viel Widerstand dagegen. Also die Kulturszene protestiert gegen diesen Umbau Richtung Hotel und Einkaufszentrum. Es werden Papiere produziert und Gegenpapiere publiziert. Und am Ende setzen sich die Bundesmuseumsdirektoren durch. Die haben eh viel zu wenig Platz. Weil die Museen, wir wissen ja, sind ja gleich ums Eck. Also das Naturhistorische und das Kunsthistorische. Und andere Museen. Und die sagen einfach, das ist doch die Chance, dass man da wirklich ein neues Zentrum für Kultur und Kunst einrichtet. Es gibt am Anfang so Modernisierungskonzepte. Es wird ein Ausweichquartier. Und wie schon gesagt, es beginnt dann langsam so Initiativen auch einzuziehen. Also das Museum für moderne Kunst beansprucht Räume. Die Galerie der Kunst des 19. Jahrhunderts soll dort entstehen. Es soll dort der Nachlass von Fritz Wotruba, also dem Architekten der Wotruba-Kirche, also ein Anhänger des Brutalismus. Soll dort gelagert und ausgestellt werden. Also das Naturhistorische will dort seine prähistorische Sammlung unterbringen. Auch das damalige Völkerkundemuseum will auch dort rein. Also es gibt wahnsinnig viele Pläne. Film Museum und Fim Archiv soll zusammengelegt werden. Ja, aber wie schon gesagt, es gibt durchaus heiße Diskussionen. Wer soll das nützen? Es gibt große Begehrlichkeiten.-Auch. Hm? Ateliers vielleicht auch.-Ateliers auch. Also wie gesagt, viele Begehrlichkeiten. Alle wollen da einfach rein. 1983 legt der damalige Bundesminister für Wissenschaft, Heinz Fischer, fest, es soll dort ein Kulturforum entstehen. Und beauftragt wird John Seiler, ein Galerist, und Hans Dichand, also der Herausgeber der Kronen-Zeitung. Sie sollen praktisch ein zweistufiges Verfahren in Gang bringen und schauen, wie kann man da eigentlich so neue Ideen unterbringen. Das führt sofort wieder zu Protesten. Vor allem die sehr hohen Honorare für die beiden Herren. Die müssen dann auch, werden auch gecancelt, die Verträge. Zu Recht, wenn man sich fragt, warum ein Multimillionär, Zeitungsherausgeber, durchaus mit Eigeninteresse das eigentlich leiten soll. 1985 werden diese Konsulentenverträge annulliert. Rächt sich dann später auch ein wenig. Und 1986 wird ein zweistufiger Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Da gibt es wiederum keine Entscheidung. Aus dem Übersiedlungskonzept wird wieder nichts. Und 1989 gibt es endlich dann eine Neuaufsetzung mit einem neuen Leitbild. Also da sind vor allem die Architekten und Architekturhistoriker Steiner und Bogner damit befasst. Und sie stellen ein klares Konzept dar. Nämlich hier sollen Ausstellungen mit moderner und zeitgenössischer Kunst eingerichtet werden. Eine Handbibliothek für Medienteorie und Kunst. Ein 10.000 Quadratmeter großes Medienforum soll errichtet werden. Filmmuseum und Filmarchiv soll hineinwandern. Und Ansiedlung einer zentralen Fotografiesammlung. Die Kunsthalle wird konzipiert. Es soll eine Veranstaltungsfläche für Theater, Musik und Tanz sein. Und man orientiert sich eigentlich an das Centre Pompidou in Paris. Also nicht architektonisch, aber es ist so eine Idee. Weil natürlich 80er Jahre immer Medien eine total wichtige Rolle spielen. Und man will sich auf diesen neuen Diskussionsthemen auch stellen und sich daran orientieren.-Jetzt ist es aber natürlich nicht dazu gekommen. Nein.-Also wie immer. Wien ist natürlich sehr viel komplizierter. Es sind natürlich auch große Projekte. Und es gab eben einen Vorschlag dann von mehreren Architektenbüros. Und der Vorschlag von Ortner und Ortner wurde angenommen. Der Vorschlag von Hollein, den gab es auch, von dem berühmten Architekten, war zweitgereiht. Wurde dann aber nicht akzeptiert. Und die planen eben eigentlich dieses Museum in Grundzügen schon, wie es heute dasteht. Also es kommt dann auch später ein Theater und Infohaus für Kinder dazu. Und das Architekturzentrum auch hier kommt zunehmend rein. Und es sollen vor allem innovative Initiativen auch dort einen Platz finden. Also vor allem eben neue Medien- und Informationsgesellschaften. 1989 gibt es wieder einen neuen Bundesminister, den damaligen Bundesminister Busek. Und der will wirklich so einen reinen Ausstellungsbetrieb haben. Und die Ausstellung soll, und das ganze Gelände soll bis 1995, bis zur Weltausstellung in Wien fertiggestellt werden.-Bis zur Weltausstellung, die es dann nachher nicht gab.-Genau, die wurde ja auch dann wieder abgesagt. Und 1990 bekommt eben dann Ortner und Ortner diesen Zuschlag. Und das steht so im Grunde, so die Struktur, wie wir sie kennen. Und vor allem aber zwei Türme werden dort geplant. Also einen Büroturm und einen Leseturm. Und die sollen relativ hoch sein. Und dann fängt es wirklich an, rund zu werden, die Diskussion. Also dann wirklich so jeder gegen jeden. Also zuerst sind alle überschwänglich dafür, dass diese zwei Türme errichtet werden. Das Grundkonzept finden alle gut. Bund, Land, Gemeinde, alle Parteien, alle Beteiligten, die ganze Kunstszene, alles großartig. Loben diesen Entwurf. Und ab Sommer 1990 beginnt auf einmal eine Unruhe in der Kultuszene. Es gibt eine Gegeninitiative. Interessant: von einer Gruppe von Menschen, die vor allem in Hainburg tätig waren. Also die gegen die Verbauung der Hainburger Au aktiv wurden. Also Bernd Lötsch, der spätere Direktor vom Naturhistorischen Museum. Der Musiker und Maler Arik Brauer. Der Journalist Günter Nenning. Und Teile der Grünen sind auf einmal gegen dieses Konzept. Und vor allem gegen diese Türme. Und als erstes fällt der Büroturm. Also der muss weg. Und viele sagen, das ist einfach eine Schande und er versperrt den Blick. Wobei, wenn man mal vor dem Gelände steht und vorm Haupttor, sieht man ja eigentlich hinten den riesigen Flakturm. Also was da die zwei Türme dann hätten noch stören können, fragt man sich. Aber es war jedenfalls heiße Diskussion. Ab 1991 fängt dann auch eine Partei an, die FPÖ, auch dagegen zu klagen. Sie sagen, hier wird der Denkmalschutz eben verletzt. Und ab 1992 beginnt auch das kleinformatige Boulevardblatt, die Kronenzeitung, auch gegen das Projekt zu polemisieren. Und es zu kritisieren. Ob das zusammenhängt natürlich, dass der Herausgeber 1985 dann diesen Vertrag nicht bekommen hat, steht in den Sternen, kann aber davon ausgegangen werden. Und da wird es wirklich hart und hässlich, die Diskussion. Also Lötsch zum Beispiel, eben der Direktor, der spätere Direktor des Naturhistorisches, meint, das ganze Projekt ist ein Tumor. Also wirklich, das Barock-Ensemble wird durch Industriearchitektur zerstört. Es ist ein Kulturreaktor samt Schlot. Also wirklich so sehr polemisch. Und 1993 wird der Leseturm schon erstens mal in der Höhe reduziert. Die Mumok-Kubatur, also das Museum für moderne Kunst, wird um 20 Prozent verringert. Es wird also alles so nach unten gedrückt, damit man ja nichts über der Fassade sehen kann. Also die Fassade muss bleiben und es darf durch nichts gestört werden. Also es wird eben alles zusammengeschrumpft und eingedampft. Dann sind auch die Grünen auf einmal dagegen. Wie schon gesagt, die Zeitungen sind dagegen. Die Planungsarbeiten werden 1993 komplett eingestellt. Also alle sind spinnefeind aufeinander. Seipel, der spätere Direktor vom Kunsthistorischen Museum meint wir brauchen überhaupt völlig neue Pläne. Das Guggenheim-Museum muss à la Bilbao in das Museumsquartier hinein. Der damalige Bürgermeister Zilk und sein designierter Nachfolger haben dann auch gegen das Projekt polemisiert und gemeint, wir brauchen eine bessere Lösung. Also wir brauchen das Guggenheim-Museum jenseits der Donau, also völlig in die grüne Wiese zu setzen. Also es ist wirklich eine sehr intensive Diskussion mit Argumenten, Gegenargumenten. Wie schon gesagt, es fallen dann wirklich oft sehr harte Worte. Das Projekt sei überhaupt Schrott. Der Leseturm muss weg. Der Leseturm kann man den Wiener Steuerzahlern nicht zumuten. Dabei wäre der Leseturm eh vom Bund gezahlt worden. Es ist wirklich so ein völliges Durcheinander. Und 1994 beschließt aber dann das Parlament endgültig Finanzierung der Sammlung Ludwig. Und somit hat man zumindest mal so einen Grundstein gelegt für dieses moderne Museumskonzept. 1995 gibt es eine dritte Redimensionierung. Das MUMOK wird wieder um ein Stockwerk reduziert. Der Turm verschwindet gänzlich. Und die Reithalle von der Kaiserin Elisabeth wird zu einer großen Veranstaltungshalle umgebaut. 1997 der Spatenstich. Da gibt es wieder Rücktritte beim Planungsbüro. Die versuchen wieder das alte Projekt zu retten und sie scheitern. Und 2001 wird endlich das Gebäude übergeben und 2002 endgültig abgeschlossen. Also man muss sich wirklich wundern, dass überhaupt dieses tolle Projekt entstanden ist. Also zehn Jahre lang wurde wirklich polemisiert, kritisiert, wurde den Leuten das Leben schwer gemacht. Politik hat dann oftmalig eine nicht glanzvolle Rolle gespielt. Aber ab 2001 hat man einer der modernsten Museumskomplexe Europas dort stehen. Und es kommt sofort gut an. Also es wird gut angenommen. Die zwei sensationellen Museen können einziehen. Es ist eine tolle Architektur. Und auf einmal sind alle wieder glücklich. Also es entsteht praktisch auf 90.000 Quadratmetern Nutzfläche ein sehr intensiv genutztes Energiezentrum für Tanz, Kultur, Ausstellungen, Gastronomie. Sehr viele Initiativen finden dort ihre Heimat. Mit dem Schaffensraum Q21 gibt es auch die Möglichkeit eben für solche Initiativen dort Ateliers und Büros einzurichten. Und am Ende stehen praktisch neun große Kultureinrichtungen dort. Nämlich das MUMOK, also das Museum für Moderne Kunst Stiftung Ludwig. Das Leopold Museum mit dem Schwerpunkt auf Schiele und auf Wiener Jugendstil. Die Kunsthalle, die immer auch gerade für die Festwochen eine sehr wichtige Rolle spielt. Oder auch für den Impulstanz, also wirklich eine wahnsinnig tolle Veranstaltungslocation. Das Architekturzentrum Wien, wo wirklich auch sehr intensive Diskussionen zu Fragen der Architektur stattfinden. Immer wiederum sehr tolle Ausstellungen. Das Tanzquartier Wien, eben auch mit diesem jährlich stattfindenden Impulstanzfestival. Der Dschungel Wien, das ist ja auch so ein tolles Theaterhaus, vor allem für junges Publikum. Das Zoom-Kindermuseum und das Wien Extra Kinderinfo wird dort ebenfalls angesiedelt. Also das sind wirklich sehr viele Initiativen. Und davon lebt auch dieses Museum und dieser ganze Veranstaltungsort. Interessant natürlich, es wird dann auch weiter ausgebaut. Ab 2028 soll das Haus der Geschichte Österreich dort übersiedeln. Nämlich aus der Hofburg ins Museumquartier. Und hat dort dann ungefähr etwas über 4000 Quadratmeter auch Ausstellungsfläche. Insgesamt natürlich ist es auch sehr attraktiv gebaut worden. Das Leopold Museum mit diesem tollen weißen Muschelkalk. Ist wirklich sehr dominiert auf der einen Seite. Den Blick. Und andererseits das Mumok mit seiner basalten Lava-Struktur. Also das färbt sich auch immer bei unterschiedlichen Temperaturen und je nach Wetterlage.-So ein bisschen Yin und Yang.-Ja, richtig. Also wirklich sehr gelungen. Also man muss wirklich sagen, also diese beiden Museen sind wirklich auch nach den Architekten Ortner und Ortner auch wirkliche Kraftfelder der Energie. Wie schon gesagt, heute passiert dort auch viel und wird auch viel veranstaltet. Also es ist ein lebendiges Zentrum. Es gibt die Weihnachts-Events, also die sehr gut ankommen. Und es gibt so ein kleines Kuriosum, nämlich die Enzis. Die Enzis. -War auch eine große Diskussion, oder? War auch eine.-Große Diskussion. Die sind schirch. Das sind schirche Betonblöcke. Heute kommen die super an. Also das ist natürlich sehr praktisch, weil man kann dort natürlich auch konsumfrei dort einfach verweilen, dort sitzen oder man nimmt sich Selbstverpflegung mit. Und die Geschichte der Enzis ist natürlich auch eine sehr nette. Die Enzis, man fragt sich, wieso heißen die Enzis? Die wurden eben benannt nach der für die Nutzung der Höfe zuständigen Prokuristin Daniela Enzi. Ah ja. Und daher haben die diese Namen. Es gibt auch einen Nachfolger, nämlich nach den Enzis gab es dann die Enzos. Die schauen eigentlich sehr ähnlich aus, haben aber den Vorteil, dass sie etwas massiver sind und aus recycelbarem Material hergestellt, also durchaus auch nachhaltig. Und es gibt auch, also zumindest früher konnte man auch abstimmen, in welchen Farben die Enzis oder die Enzos angemalt werden. Und da gab es eben von Pistaziengrün bis Lush Meadow Green, Ivory Tusk White und was mich natürlich besonders freut, ein fast Austria Violett. Ja, das konnte man eben so mitbestimmen und es ist auch so ein bisschen eine Partizipation, dass sich die Leute in diesem Museumsquartier wohl fühlen.-Aber das Museumsquartier ist ja nicht nur ein Raum für Museen, für Kunst und Kultur oder auch für Zusammensein in einer konsumfreien Zone, sondern das Museumsquartier ermöglicht es ja auch, Künstlerinnen und Künstlern zu arbeiten, oder?-Ja, es gibt eben so Artist in Residence Programme, es gibt das Q21. Da hat man aus den Fehlern von anderen Institutionen gelernt, dass das einfach befristete Verträge sind. Dass sie nicht dann immer wieder um dieselben Kräfte etablieren. Wer als erster dort war, bleibt auch ewig, sondern dass man da wirklich auch abwechselt und also neuen Initiativen durchaus die Möglichkeit gibt, sich da auch zu präsentieren. Es gibt auch Themenpassagen, die auch sehr spannend sind. Das ist die Literaturpassage, es gibt die Tonspurpassage, es gibt sehr viel über Comic, Graphic Novels auch hier zu sehen und die Typopassage. Es ist wirklich so ein quirliger Ort an Initiativen und künstlerischer Verwirklichung und ja, und es wird auch super angenommen. Also das Museumsquartier ist im Sommer ja wirklich rappelvoll, kann man sagen. Wird gut angenommen, sehr viele Tourist*innen gehen auch in die beiden großen Häuser. Das KHM und das NHM ist ja auch nicht weit weg. Also von dem her ein lebendiger Ort am Rande vom 7. Bezirk und sie sagt auch am Rande zum Spittelberg. Und es haben auch immer Ortner und Ortner auch gesagt, der Spittelberg ist natürlich auch so ein Kraftfeld und ein Einzugsgebiet für das Museumsquartier, weil da natürlich auch sehr viele Gaststätten sind und Kulturinitiativen.-Im Sommer viel genutzt, aber nicht nur im Sommer Aktivitäten, oder?-Ja, es gibt im Winter auch diese Weihnachtsmärkte, beziehungsweise auch diese Eisstockschießen kann man machen, es gibt dort Glühpunschstandeln.-Und eigentlich auch zu allen Jahreszeiten Konzerte. Ja. In allen möglichen musikalischen Bereichen.-Also diese Initiativen tragen natürlich auch maßgeblich dazu bei, dass es natürlich nicht nur so ein bisschen so ein Bobo-Phänomen wird, sondern es wirklich wird von breiten Teilen der Wiener Bevölkerung auch gerne angenommen. Also man findet auch durchaus unterschiedlichste Gruppen auch dort. Junge, Alte, Kunstinteressierte und Leute, die einfach nur ausruhen wollen. Also wirklich ein sehr gut funktionierender Ort, also den ich eigentlich nur als zweiten so kenne, die Stadtbücherei am Urban-Loritz-Platz.-Ja, ich würde sagen, Walter, gibt es einen besonderen Ort in diesem Museumsquartier, den du gerne aufsuchst.-Vor der Reithalle, also vor der Kunsthalle stehend, ist natürlich, diese Pferdeskulpturen sind sehr schön anzusehen. Man ist genau in der Mitte zwischen den beiden großen Museen. Ja, man kann sich dann schön auf einem Enzi in fast Austria-Violett sich ausruhen. Und bei dir?-Einer der Nebenhöfe, wo vielleicht nicht ganz so viel los ist, sich da ganz gemütlich auf so einen Enzi setzt. Ich bin auch ein großer Fan davon. Das ist doch was Schönes, vor allem im Sommer. Ich würde sagen, damit sind wir am Ende der Sendung. Danke für die vielen Informationen. Wenn ihr noch Fragen, Anmerkungen oder Anregungen habt, dann schreibt uns doch unter podcast at ma53.wien.gv.at. Ansonsten verabschieden wir uns. Andreas und Walter.-Klein aber fein ist der kleine Geschichts- und Kulturführer von Herbert Tamchina mit dem Titel „Am Neubau“. In kurzen Kapiteln erfährt man viel Nützliches und Interessantes aus dem siebten Bezirk, wobei eine kritische und ironische Note das Buch besonders interessant macht. Sehr ausführlich hingegen beschäftigt sich das von Matthias Böck herausgegebene Buch „Museumsquartier, die Architektur“ mit der Geschichte der ehemaligen Hofstallungen und den diversen unterschiedlichen Konzeptphasen des Kulturprojekts. Erschienen 2001 bei Springer. Über die schwierige politische Geburt des Museumsquartiers gibt der Journalist Thomas Trenkler in seinem Buch „Das Museumsquartier, die Geschichte, die Gebäude, die Institutionen“ Auskunft.2 Nach der Lektüre des Bändchens wundert man sich dann ohnehin nur mehr, dass aus dem Projekt überhaupt was geworden ist, denn hier gilt wirklich das Sprichwort viele Köche verderben den Brei. Aber es wäre nicht Wien, wenn am Ende des Familienstreits dann nicht doch ein herrlicher Festtagsbraten am Tisch stehen würde.

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