
Grätzlgeschichten
Im neuen Geschichte-Podcast der Stadt Wien erzählen die Zeithistoriker und Geschichtsgreisslerei-Podcaster Andreas Filipovic und Walter Szevera "Grätzlgeschichten" aus der Wiener Historie. Erzählt wird die Bezirks-Geschichte anhand eines zentralen Ortes in den 23 Bezirken – dort wo sich wichtige Ereignisse für die politische oder gesellschaftliche Entwicklung unserer Stadt abgespielt haben.
Grätzlgeschichten
23 | Liesing: Hollywood am Rosenhügel
Diese Folge der Wiener Grätzlgeschichten führt in den 23. Bezirk Liesing und beleuchtet die Geschichte der Rosenhügel Filmstudios in Mauer. Von 1919 bis 1923 als modernstes Studio Österreichs errichtet, war es das erste Kunstlichtstudio Europas und Schauplatz monumentaler Stummfilmproduktionen wie "Samson und Delilah". Die Episode zeichnet die wechselvolle Geschichte der Studios nach – von der Ära der Wien-Filme in den 1930er Jahren über die NS-Zeit, als Goebbels die Anlagen zu einem Zentrum deutscher Filmproduktion ausbauen wollte, bis zur sowjetischen Verwaltung nach 1945. Heute sind nur noch zwei Hallen erhalten, darunter die denkmalgeschützte Halle 6 mit ihrer einzigartigen Kinoorgel, in der Hollywood-Blockbuster wie Mission Impossible vertont werden.
Mehr zu den Rosenhügel-Studios: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Filmateliers_Rosenh%C3%BCgel
Mehr Wiener Geschichte findet ihr im Wien Geschichte Wiki. Andreas und Walter könnt ihr außerdem in der Geschichtsgreißlerei hören.
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-Hallo und herzlich willkommen bei den Wiener Grätzlgeschichten. Es begrüßen euch heute Walter und -Andreas.-Ja, hallo Andreas. Du hast uns ja heute einen speziellen Bezirk mitgebracht, und zwar einen, der ganz im Südwesten von Wien beheimatet ist.-Ja, Wiens 23. Bezirk. 23 hat jetzt nichts mit den Illuminati zu tun, obwohl es wahrscheinlich kein Zufall sein kann, dass Wien ausgerechnet 23 Bezirke hat. Also, heute geht es nach Liesing, ein großer und vielfältiger Bezirk, der aus unterschiedlichen recht unabhängigen Ortsteilen besteht. Und im Bezirksteil Mauer befanden sich die Rosenhügel Filmstudios, von 1919 bis 1923 errichtet, und zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung das modernste und größte Studio Österreichs. Und um diesen Ort und vor allem die Filmgeschichte Wiens geht es heute.-Ja, aber bevor wir in die Filmgeschichte Österreichs tief eintauchen, zwei Minuten Heimatkunde.-Liesing ist der 23. Wiener Gemeindebezirk. Er entstand 1938 als damals 25. Wiener Gemeindebezirk durch den Zusammenschluss mehrerer zuvor selbstständiger Gemeinden und besteht in seiner jetzigen verkleinerten Form seit Mitte der 1950er Jahre. Zwischen den alten Ortskernen wurden ausgedehnte Wohnsiedlungen errichtet und zahlreiche Industriebetriebe angesiedelt. Liesing wurde aus acht ehemals selbstständigen Gemeinden gebildet. Im Osten liegt er durch Industriegebiete geprägte heutige Bezirksteil Inzersdorf, westlich davon befindet sich Erlaa, das heute vor allem durch den Wohnpark Alt-Erlaa bekannt ist. Das südlich anschließende Siebenhirten wird ebenfalls vor allem als Wohngebiet genutzt. Westlich von Siebenhirten liegt der namensgebende Bezirksteil Liesing, in dessen alten Stadtkern sich das Amtshaus Liesing mit dem magistratischen Bezirksamt befindet. Nördlich von Liesing befindet sich Atzgersdorf, das eine Mischung aus locker verbauten Wohngebieten und Gewerbegebieten entlang der Strecke der Südbahn darstellt, jedoch wenige frei zugängliche Grünflächen bietet. Im Nordwesten des Bezirkes liegt der große Bezirksteil Mauer, der neben locker verbauten Wohngebieten den Großteil des Anteils am Wienerwald umfasst. Südlich von Mauer befinden sich Rodaun und Kalksburg, die über einen hohen Grünlandanteil verfügen. Liesing ist, mit einer Fläche von 32,29 Quadratkilometern und einem Anteil von 7,7 Prozent an der Gesamtfläche der Stadt, Wiens fünftgrößter Gemeindebezirk, mit 123.731 Einwohnern und Einwohnerinnen nach Bevölkerung jedoch nach der Donaustadt, Favoriten und Floridsdorf bereits der viertgrößte. Liesing ist sicher. Sowohl bei den polizeilich registrierten Straftaten als auch bei den polizeilich registrierten Körperverletzungen je 1.000 Einwohner*innen ist Liesing gemeinsam mit dem benachbarten 13. Bezirk absolutes Schlusslicht, oder eben Spitze, wenn es um die Sicherheit geht. Sicherlich spielt dabei eine große Rolle, dass Liesing schwerlich als touristischer Hotspot gelten kann. Sowohl bei den Gästeübernachtungen als auch bei den Gastronomiebetrieben ist Liesing am Ende der Wiener Statistiken geführt. Dafür sind die sozialen Indikatoren des stetig wachsenden Bezirkes allesamt leicht über dem Wiener Durchschnitt. Also Durchschnittseinkommen, Arbeitslosigkeit und auch das Durchschnittsalter von 42 Jahren. Auch der Bildungsstand stieg in den letzten 15 Jahren kontinuierlich. Im 23. Bezirk lässt es sich eben gut leben. Dafür sorgen auch die vielen Grünflächen, immerhin 31,4 Prozent der gesamten Bezirksfläche, mit den Wäldern des Wienerwaldes, wie zum Beispiel der Maurerwald mit seinen Wald- und Wiesenflächen, wie der Eichwiese, der Totenwiese und der Himmelswiese, seinen Parkanlagen und Friedhöfen, die zusätzlich zu dem großen Erholungsgebiet des Wiener Waldes im Westen des Bezirkes das Bezirksleben bereichern. Dazu zählen neben anderen sicherlich der Draschepark in Inzersdorf, ein ehemaliger barocker Schlossgarten oder der Maurer Rathauspark mit dem Magna-Mater-Brunnen. Ebenso gibt es in jedem der acht Bezirksteile einen eigenen Friedhof, mit dem Inzersdorfer Friedhof als größten und dem Erlaaer Friedhof als kleinsten. Auf dem Kalksburger Friedhof liegt der Literat Hugo von Hofmannsthal bestattet. Während ist der Maurer Friedhof aufgrund seiner historischen Mausoleen heraussticht. Auch Österreichs erster islamischer Friedhof liegt im 23. Bezirk, nämlich am Ufer der Liesing in Inzersdorf. Schließlich werden an Sehenswürdigkeiten neben dem beeindruckenden Wohnpark Alterlaa, zu dem es auch eine wunderbare Kinodoku gibt, noch die Schlösser Liesing, Alterlaa und Rodaun zu nennen, sowie die unterschiedlichen Pfarrkirchen von Mauer über Atzgersdorf, Inzersdorf und Kalksburg bis hin zu Wotruba-Kirche in Mauer.-Spannend, also wusste ich auch nicht, dass das sicherste Bezirk ist und dass es solche Statistiken überhaupt gibt, 13 und 23. Aber auch ein sehr bunter und diverser Bezirk, also mit sehr viel Grünflächen hast du ja gesagt und gleichzeitig auch mit sehr viel Autobahnen und Verbauungen und gleichzeitig so eine Art Los Angeles, weil es hat ja ein kleines Hollywood auch dort gegeben.-Beziehungsweise einen Hauch von Hollywood gibt es heute dort noch immer, also wenn man zu dem Ort selber kommt, jetzt zum Beispiel über die Speisinger Straße, muss man sagen, ist der heute nicht mehr besonders spektakulär. Das ehemalige Gelände der Rosenhügel Studios, das war ein 25.000 Quadratmeter großes Areal, da haben früher Stars wie Romy Schneider, aber auch in jüngerer Vergangenheit Michael Haneke, Isabelle Huppert gedreht, sind vor beziehungsweise hinter der Kamera gestanden. Der Großteil dieses Geländes ist heute verbaut von einem Supermarkt und dem anschließenden Parkplatz und es gibt auch quasi eine moderne Wohnhausanlage, die sich auf den Hügeln, auf den erstreckt und insofern ist nicht mehr ganz so viel zu sehen von den ehemaligen Rosenhügel Studios. Es gibt zwei große Gebäude, zwei große Hallen, die sich dort nach wie vor befinden, leicht zu erkennen, indem sie halt gelb beziehungsweise weiß sind. Die weiße Halle ist die ehemalige Halle 1, die wird heute glaube ich noch für die rhythmische Sportgymnastik genutzt und wahrscheinlich für andere Sportvereine und die Halle 6, über die werden wir nachher noch zu sprechen kommen. Das ist das Synchronstudio. Und auch da befindet sich heute noch eine Firma, auch eine der letzten Kinoorgeln, die wirklich noch an dem Ort, wo sie hingebaut wurden, sich befand. Was eine Kinoorgel ist, da werden wir dann vielleicht auch am Ende nochmal sprechen, aber da werden heute noch Filme, auch Hollywood-Filme, vertont, also wirklich so die A-Liga, Mission Impossible oder Avengers oder so etwas und wenn man sich dort jetzt lang genug auf die Lauer legen würde, dann würde man berühmte Komponisten wie Hans Zimmer antreffen, die da an ihrer Filmmusik arbeiten. Abseits dessen ist es eher ein bisschen ein unnötiger Ort heute. Also sehr, sehr schön, irgendwo so zwischen dieser Speisinger Straße auf der einen Seite beginnen schon die Einfamilienhäuser, auf der anderen Seite haben wir eben die Wohnhausanlage, aber nicht mehr so spektakulär, wie es einmal war.-Kann man ja sagen, es lag eigentlich vor der Stadt, ist ja jetzt auch ein bisschen Peripherie der Stadt. Man hatte einfach Platz. Warum hat man so viel Platz gebraucht? das waren ja wirklich große und sehr bedeutende Filmstudios dort.-Also die Rosenhügel Studios selber wurden eben schon zwischen 1919 und 1923 gebaut und wir haben ja mitbekommen, da gab es Liesing in der Form noch nicht als Bezirk. In diese Zeit fallen natürlich die großen österreichischen Monumentalfilmproduktionen. Der bekannteste Film, der jetzt selber in den Rosenhügel Studios gedreht wurde, war Samson und Delilah. Auch am Gelände des Wienerbergs wurden damals Filme gedreht und das waren teilweise Filme mit wirklich 100.000 Komparsen, also Statisten und Statistinnen. Und in diese Zeit fällt diese Errichtung eines großen modernen Studios, also moderner als die Studios der konkurrierenden Sascha-Film in Sievering, muss aber auch gleich sagen, dass diese Monumentalfilme dann auch dazu geführt haben, dass das Studio mal gleich in Konkurs gegangen ist und dann bis in die 30er Jahre ist es ein bisschen still geworden. In den 30er Jahren übernahm dann die Tobis Film das Studio.-Das vergisst man ja ein bisschen, also die Doppelmonarchie, war ja vor dem Ersten Weltkrieg ja einer der wichtigsten Orte auch für Filmproduktion. Ich glaube, es war die zweitgrößte Filmstätte nach Frankreich. Also erst die US-Amerikaner und die Briten sind erst später nachgekommen. Du hast ja erwähnt, riesige Monumentalfilme, also Sandalenfilme schon der 20er und 30er Jahre.-Ja, und monumental waren die Studios auch wirklich angelegt. Also prinzipiell das Gelände war eine ehemalige Meierei im heutigen 23. Wiener Gemeindebezirk. Der Eingang befand sich an der heutigen Speisinger Straße 121. Und die Bauweise war für die damalige Zeit revolutionär, denn man nutzte nicht Tageslicht zum Filmen, sondern Kunstlicht. Dadurch wurde natürlich ein unabhängiges Drehen, unabhängig von der Witterung, von den Tageszeitverhältnissen, vom Wetter möglich. Und eben die schon erwähnte Halle 1 war das erste Kunstlichtstudio Europas. Also man sieht ganz klar Wien als Avantgarde im Filmschaffen und sie beeindruckte vor allem auch mit ihrer Stahlbetonkonstruktion, mit Laufstegen, mit Kranbahnen und mit einem flexibel nutzbaren Wasserbecken in der Hallenmitte. Also ein bisschen so eine Art modernes Kolosseum für die Filmproduktion. Eine technische Sensation war auch die drehbare Plattform, auf der Dekorationen je nach Sonnenstand bewegt werden konnten. Ein Novum nach schon amerikanischem Vorbild. In der Stummfilmzeit selbst habe ich schon erwähnt, Samson und Delilah, damals sozusagen noch in Kronen, also mit 12 Millionen Kronen eine der teuersten österreichischen Produktionen, die dafür sorgte, dass dann bis 1933 die Studios weitgehend leer standen. Einen neuen Aufschwung gab es eben mit der Tobis Sascha, die das 1933 übernommen hat. Und ich glaube, das ist dann ein wichtiger Punkt für die Rosenhügel Studios. Die Rosenhügel Studios wurden dann nämlich sehr stark verbunden mit einem speziellen Phänomen des österreichischen Films, das sich die Wien Film nannte. Also Wien Film, das muss man sich so ein bisschen vorstellen wie eine Mischung aus Historienfilm, Melodram, Liebesgeschichte. Teilweise vielleicht auch ein vielleicht sogar Screwball-Comedy. Ein ganz spezieller Stil, der meist in der K.u.K.-Zeit angesiedelt, einfach operettenhaft Geschichten erzählt hat. Die bekannteste Filmproduktion, die am Rosenhügel produziert wurde in dieser Zeit, war wahrscheinlich 1934 Maskerade von Willi Forst. Willi Forst überhaupt der Regisseur, der jetzt als Name für die Wien Film steht. Aber mit ihm gemeinsam gerade noch Mitte bis Ende der 30er Jahre ganz, ganz viele Stars aus dem Wiener Künstlerspektrum, Kabarettisten, Kabarettistinnen, Kleinkunstschaffende, Operettensänger und Operettensängerinnen und natürlich auch Komponisten und Drehbuchautoren.-Wahrscheinlich auch Burgtheater nehme ich auch an. Genau. Man schöpft die dann aus dem Vollen nehme ich auch an.-Und auch ganz viele Stars wurden neu kreiert. Also nicht nur Stars des damaligen Zwischenkriegs-Wiens raten auf, sondern auch ganz viele Stars wurden neu kreiert, wie zum Beispiel Paula Wessely, die Hörbigesr, Hans Moser. Also Namen, die man dann später auch noch kennt, aber dazwischen ja eine wichtige Zäsur.-Genau, wenn man schon über die Paula Wessely und die Hörbiger spricht, dann kommt man natürlich auch auf eine dunkle Seite des Wien Films und bzw. auch eine dunkle Epoche, nämlich die NS-Herrschaft im Zweiten Weltkrieg.-Genau, denn unter den Nazis wurde die Tobis ebenso wie die Wien Film Teil der großen UFA, also der gesamtdeutschen Filmproduktion. Und über mehrere Instrumentarien, wie zum Beispiel die Reichsfilmkammer, haben die Nazis wirklich ideologisch rein gemacht. Einerseits das Filmschaffen und andererseits natürlich ganz viele Künstler und Künstlerinnen, die auch für die große Zeit der Wien Film Mitte der 30er Jahre standen, verfolgt, getötet, vertrieben.-Für die Nazis war ja Film immer ein enorm wichtiges Medium und ein Propagandamittel. Also dementsprechend wurden ja glaube ich auch die Rosenhügel Studios stark ausgebaut.-Genau, also Goebbels war ein Filmliebhaber und hat sich sehr, sehr viel damit beschäftigt. Das wissen wir. Teilweise sehr ins Detail gegangen. Und die Wien Film war deswegen auch ein wichtiger Punkt für die Nazis, weil die in gewisser Weise auch Teil der Propagandamaschine waren. Die waren jetzt nicht zuständig für die hardcore ideologischen Filme, aber es ging um Unterhaltungsfilme, es ging um Ablenkung, es ging darum den Kampfwillen und auch das NS-Regime sozusagen in einer anderen Art zu stützen. Und da hatte die Wien Film eine ganz wichtige Funktion mit ihren dann ja doch eskapistisch erlebten Filmen.-Gute Stimmung.-Da ist ein wichtiger Punkt, also die heutige Synchronhalle, über die wir gesprochen haben, das gelbe Gebäude, die Halle 6, die ist tatsächlich auf Anweisung von Josef Goebbels gebaut worden, um hier noch das Filmschaffen auszubauen. Und insgesamt, wie in vielen Dingen, gab es da ganz megalomanische Pläne. Also man wollte die Rosenhügel Studios zu einem der großen Zentren der damals deutschen Filmproduktion ausbauen. Und das hätte hingehen sollen bis zu einem firmeneigenen Flughafen, einer U-Bahn-Station, also notwendigen Infrastruktur, was dann einfach aufgrund der Kriegsereignisse nicht mehr stattgefunden hat.-Nach dem Krieg werden die Studios gegründet. Das ist weiter genützt. Also in welche Besatzungszone fiel eigentlich dieser Teil von Wien?-Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist es so, dass die Rosenhügel Studios unter sowjetischer Verwaltung kommen. Und es wird dann auch relativ schnell klar, dass die Wien Film so als großer gemeinsamer Konzern nicht mehr geführt wird, sondern die Rosenhügel Studios werden rausgenommen. Da gibt es auch unterschiedliche Herangehensweisen in der Besatzungspolitik. Also das muss man schon so auch sagen. Die Amerikaner zum Beispiel hatten ein großes Interesse daran, ihre Hollywood-Produktionen in Europa stärker zu verankern und weltweit führend zu machen und haben die Wiederaufnahme einer österreichischen Filmproduktion nicht gerade erleichtert. Die sowjetische Verwaltung führte die Rosenhügel Studios als USIA-Betrieb dann, also quasi als sowjetisch eigener Betrieb, und war im Gegenteil sehr schnell daran interessiert, die Produktion wieder anzukurbeln, um einfach auch ökonomisch positiv wirtschaften zu können. Hat zunächst eigentlich auf so eine Fortsetzung der Unterhaltungsfilme, also der erste Film, der gedreht wurde, war dann eine leichte Komödie mit Marika Rökk, einer Schauspielerin, die auch schon in der NS-Zeit durchaus Karriere gemacht hat und eine bekannte Schauspielerin geworden ist. Also da war man dann gar nicht so wählerisch.-Und von der es angeblich hieß es auch, dass die später dann auch NKWD-Spionin war, also eine Doppelagentin.-Das kann sein. So weit blicke ich nicht in die Materie. Die war auf jeden Fall die Hauptdarstellerin. Und im Grunde ist das fortgeführt worden, was aber mit der Zeit schon noch seinen Platz gefunden hat in der Produktion der während der sogenannten Besatzungszeit waren durchaus ambitioniertere Filmprojekte. Also als Beispiel wäre zu nennen Herr Puntila und sein Knecht Matti, eine Literaturverfilmung von Bertolt Brecht, also eine ganz tolle Geschichte, wo der Herr immer, wenn er betrunken ist, ein freigiebiger, netter Mensch ist und dann, wenn er wieder nüchtern ist, also so ein Dr. Jekyll und Mr. Hyde Phänomen. Oder aber auch einer der wenigen frühen neorealistischen Versuche in Österreich, nämlich dem 1954 gedrehten Schicksal am Lenkrad. Ganz ein spannender Film, der aus der österreichischen Nachkriegsfilmproduktion eigentlich ein bisschen heraussticht.-Richtige seriöse Filmarbeiten eigentlich, so im Gegensatz zu dieser leichten Unterhaltung, die vorher stattgefunden hat.-Genau, es fand beides statt. Nach dem Abzug der Alliierten gingen die Studios dann in den Besitz der staatlichen Wien Film über, die jedoch wenig Interesse an der Fortführung der Filmproduktion selbst gezeigt hat. 1966 übernimmt der ORF, der eine große Produzent an Film und Fernsehen sozusagen im Land, die Studios, die vorher dann an verschiedenen Filmproduzenten untervermietet werden. In den 1990er Jahren droht dann eben schon der Abriss. Und die Gründung der Filmstadt Wien Studio GesmbH, rettet quasi für eine Zeit die Studios, die dann renoviert werden. 1996 werden sie als moderner Studiokomplex wiedereröffnet und an zahlreiche Film- und Fernsehgesellschaften vermietet. -Offensichtlich das Fernsehen, der ORF hatte nicht das große Interesse, diese Studios weiterzuführen, beziehungsweise nur für einzelne Fernsehproduktionen. Was ist in den 90er Jahren dann passiert?-Ja, also ich war noch Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre dort und das war eigentlich schon ein beeindruckendes Studio, das noch gut funktioniert hat. Aber ich glaube, insgesamt war die Erhaltung doch zu teuer und ab 2008 wurde dann der Verkauf der Studios diskutiert. 2011 begann der Abriss großer Teile des Areals, aber einige Hallen blieben erhalten, unter anderem auch deswegen, und über das müssen wir jetzt doch reden, die Halle 6, diese Synchronhalle, die bekannterweise in den 1940er Jahren unter den Nazis erbaut worden ist, die aber eben eine Besonderheit hat, nämlich diese Kinoorgel. Was ist jetzt eine Kinoorgel? Eine Kinoorgel ist im Grunde eine Orgel, aber sie kann ein bisschen mehr als so die gemeinhin bekannten Kirchenorgeln. Also zum Beispiel kann man bestimmte Geräusche, Windgeräusche, Donnergrollen, das Getrappeln von Pferden auch erzeugen auf dieser Orgel. Eben alles, was es braucht, um einen Film zu vertonen oder zu synchronisieren. Und deswegen wurde diese Kinoorgel, weil die so ein Unikum ist, noch an ihrem Ort unter Denkmalschutz gestellt. Und dieser Denkmalschutz hat jetzt dafür gesorgt, dass zumindest diese zwei Hallen, also die Halle 1 und die Halle 6, nach wie vor bestehen und so wie man sieht, eigentlich auch wieder sehr erfolgreich bestehen. Also gerade, wir haben ja am Anfang darüber gesprochen, es ist doch Hollywood zu Gast in Liesing oder in Mauer, über die Produktion von Filmmusik und zwar nicht einfach nur Filmmusik, sondern wirklich Filmmusik für die großen Blockbusterfilme, die wir alle kennen.-Ja, du hast ja erwähnt, vor allem Hans Zimmer, Komponist von Harry Potter, und anderen vielen ganz großen wichtigen Filmmusiken. Was passiert jetzt noch in den Hallen? Es wird nach wie vor noch für Konzerte oder für Aufnahmen genützt. Also die Rosenhügelstudio stehen ja wirklich für einen ganz wichtigen Teil der österreichischen Filmgeschichte. Was ist jetzt so wirklich das Vermächtnis und die Bedeutung noch einmal, wenn man es in einen historischen Kontext stellt?-Ich glaube, sie stehen exemplarisch für die Höhen und die Tiefen, die es in der österreichischen Filmgeschichte gegeben hat und speziell in der Wiener Filmgeschichte. Für die Innovationskraft der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, der 1920er Jahre, über die politischen Umbrüche in den 1930er und 1940er Jahren bis hin zur heutigen kreativen Nutzung. Also was man dort sieht, ist auch irgendwie, wie eben diese modernen Medien sich mit der Zeit verändern und auch unterschiedliche Bedürfnisse erwecken und die halt gestillt werden müssen. Und ich glaube, was recht spannend ist, ist, dass Wien ja da hingehend auch immer wieder reagiert. Also Wien versucht weiterhin, ein kreatives Zentrum dieser Welt zu sein, muss das vielleicht auch unter veränderten Orten immer wieder neu erfinden und das ist wahrscheinlich die große Herausforderung.-Ja, schade, dass es die Rosenhügelstudios nicht geschafft haben, so ein bisschen wie die Studio Babelsberg, dann doch noch den Sprung in die Wiederbelebung, in den Reusance des Filmschaffensq hineinzuspringen. Aber noch am Ende, was ist eigentlich so dort dein Lieblingsort oder Stätte, Platz?-Ja, ich denke, am Gelände der ehemaligen Rosenhügelstudios selber ein bisschen schwierig, aber man muss nicht weit gehen und kommt zur Klinik Hietzing und da finde ich ja wiederum den Klinikgarten mit seinen vielen Pavillons, also das ist schon ein spannender Ort, auch so ein Ort, wo man Kraft tanken kann.-Also ich finde die Halle 6 sehr auch beeindruckend, auch wenn sie es die Nazis gebaut haben, aber das schaut ja fast ein bisschen aus wie so ein mesopotamischer Palast, da könnte eigentlich gut auch als Kulisse für diese Sandalenfilme der 20er-Jahre auch dienen.-Ja, also ich glaube, wenn man die Möglichkeit hat, sich diese historischen Hallen mal anzuschauen, sollte man es auf jeden Fall tun. Ansonsten würde ich sagen, wir verabschieden uns mal an die Zuhörer*innen, also wenn ihr Tipps habt oder auch euch denkt, ja Moment mal, mein Grätzl ist historisch auch total spannend, wollen wir mal darüber reden, schickt uns doch einfach Feedback und Vorschläge an podcast@ma53.wien.gv.at, liked den Podcast, empfehlt uns weiter und bis zum nächsten Mal, Andreas und Walter. Zum Thema österreichischer Film in der Zwischenkriegszeit empfehlen wir den 2003 erschienenen Sammelband„Willi Forst – Ein Filmstil aus Wien“ des Filmarchiv Austria. Ebenfalls beim Filmarchiv herausgekommen ist der 2005 von Karin Moser herausgegebene„Band Besetzte Bilder. Film, Kultur und Propaganda in Österreich 1945 bis 1955“ mit einem interessanten Beitrag von Eva Binder zu den Rosenhügelproduktionen während der Zeit der sowjetischen Besatzung. Allen, die jetzt Lust daran bekommen haben, sich aktiv mit der Geschichte des Bezirkes zu beschäftigen, sei das Bezirksmuseum Liesing in der Cannavesegasse 24 nahegelegt. Neben einem frühgeschichtlichen Schwerpunkt zeigt das Haus eine historische Übersicht über die alten acht Orte des jüngsten und wohl heterogensten Stadtbezirks von Wien. Geöffnet ist es mittwochs und samstags von 9 bis 12 Uhr.