Grätzlgeschichten

22 | Wiens ältestes Hallenbad - Das Jörgerbad in Hernals und seine Geschichte

Stadt Wien

Die Sommerpause ist vorbei und Andreas und Walter begeben sich wieder auf die Spuren der Wiener Geschichte. In dieser Folge erkunden die beiden den 17. Wiener Gemeindebezirk Hernals. Ausgehend vom Jörgerbad, Wiens ältestem noch bestehendem Hallenbad gibt es eine kleine Wiener Badegeschichte: von den frühen Verboten des freien Badens in der Donau über die ersten kontrollierten Freibäder bis zur Eröffnung des Jörgerbads 1914, das als erstes Hallenbad gemeinsames Baden für Männer und Frauen ermöglichte.

Das Jörgerbad im Wien Geschichte Wiki: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/J%C3%B6rgerbad

Das Jörgerbad heute: https://www.wien.gv.at/freizeit/joergerbad

Infos zum Bezirksmuseum Hernals: https://www.bezirksmuseum.at/de/museum/hernalser-bezirksmuseum/

Mehr Wiener Geschichte findet ihr im Wien Geschichte Wiki. Andreas und Walter könnt ihr außerdem in der Geschichtsgreißlerei hören.

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-Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Wiener Grätzlgeschichten. Es begrüßen euch heute Walter und-Andreas. -Heute geht es in den 17. Bezirk. Hernals.-Einer meiner Lieblingsbezirke aus unterschiedlichen Gründen. Ein sehr vielfältiger Bezirk, wie wir noch hören werden. Auch einer mit einer langen, durchaus widerständigen Tradition. Und über das wollen wir auch sprechen. Aber als Ausgangspunkt habe ich jetzt eine Einrichtung gewählt, die nicht nur sehr zentral liegt und architektonisch ansprechend ist, sondern auch für einen wichtigen Bereich des Stadtlebens steht. Nämlich das Jörgerbad. Wien hat ja eine historisch gewachsene und bedeutende Bade- und Bäderkultur. Und da ist es gerade recht, über das älteste Wiener Hallenbad zu sprechen. Besonders dann, wenn der Name nochmal eine ganz andere Geschichte eröffnet.-Na gut, bevor wir dann ins Jörgerbad hineinhüpfen, die Heimatkunde.-„Hernois ist ois“, für wahr. Denn charakteristisch für Wiens 17. Gemeindebezirk, Hernals, ist dessen starke demografische Durchmischung und die Unterschiedlichkeit der einzelnen Bezirksteile. So finden sich im Bezirk von gründerzeitlichen Gebäuden geprägte, dicht besiedelte Stadtteile, neben kommunalen Wohnhausanlagen, Cottagevierteln, alten Ortskernen und ausgedehnten Grün- und Waldgebieten. Folgerichtig wird der Bezirk von seinen Bewohnerinnen und Bewohnern, wohl auch wegen seiner gleichzeitigen Nähe zum Stadtzentrum, als auch zu Naherholungsgebieten geschätzt. Hernals liegt im Nordwesten des Stadtgebietes und schmiegt sich vom Wienerwald bis ins Wiener Becken. Mit seinen 11, 35 Quadratkilometern ist er der zehntgrößte der 23 Wiener Gemeindebezirke. Mit 56.767 Einwohner*innen zum 01.01.2025 liegt er bevölkerungsmäßig nur auf Platz 14. Mit daran beteiligt ist der große Unterschied zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil des Bezirkes. Während im zentrumsnahen Teil auf einem Sechstel des Bezirksgebietes rund drei Viertel der Bevölkerung Platz findet, nimmt die Siedlungsdichte nach Westen entlang der Hernalser Hauptstraße rapide ab. Hier kommen wir zu einem weiteren Charakteristikum des Bezirkes. Hernals ist in seiner Gesamtheit ein sehr grüner Bezirk. Grünflächen nehmen in Hernals 59,6 Prozent der Bezirksfläche ein, womit der 17. Bezirk der drittgrünste Bezirk Wiens ist. 66,5 Prozent der Grünfläche entfallen auf Wälder, 12 Prozent auf Wiesen und 11,5 Prozent auf Kleingärten. Während der Anteil an Verkehrsflächen und Gewässern vergleichsweise gering ist, umfasst die Baufläche von Herrn Nalls 29,7 Prozent. Hauptverantwortlich dafür sind die dicht bebauten und bewohnten Flächen in Gürtelnähe. Dementsprechend ist der Anteil der Wohnbaufläche am gesamten Bauland bei 90,9 Prozent, was dem zweithöchsten Anteil in Wien entspricht. Hier wird vor allem gewohnt, der Anteil an Betriebsflächen und sonstigen Gebäuden ist eher gering. Hernals ist ein relativ junger Bezirk. Er wurde 1892 aus den selbstständigen Gemeinden Hernals, Dornbach und Neuwaldegg gebildet. Die Geschichte des heutigen 17. Wiener Gemeindebezirks reicht jedoch weit zurück. Archäologische Funde belegen, dass das Gebiet bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war. Besonders die Nähe zum fischreichen Fluss Als und seinen fruchtbaren Quellbächen machte die Region attraktiv für frühe Siedler. Auch aus der Römerzeit gibt es bedeutende Spuren. So wurde etwa eine Legionsziegelei im Bereich des heutigen Elterleinplatzes nachgewiesen, was auf eine römische Besiedlung bereits vor über 2.000 Jahren hinweist. Auch die heutige Hernalser Hauptstraße geht bereits auf einen römischen Verkehrsweg zurück. Im Mittelalter entstanden entlang der Als die Dörfer Hernals und Dornbach. Neuwaldegg wurde erst zu Beginn der Neuzeit gegründet. Die erste urkundliche Erwähnung des Alsbaches war, dass Herr sich im Traditionsbuch des Stiftes St. Peter in Salzburg aus dem Jahr 1044, als Graf Sieghard IV. dem Stift zwei Grundstücke an der Als schenkte. Die Herren der Als, mit den Brüdern Dipoldus und Nendingus als älteste Vertreter, wurden 1135 erstmals urkundlich erwähnt. Im 16. Jahrhundert wurde Hernals zu einem Zentrum des Protestantismus. Nach der Zerstörung des Dorfes Hernals durch die Osmanen im Zuge der ersten Türkenbelagerung traten die Grundherren zum Protestantismus über. 1565 wurde die Hernalser Wasserleitung eröffnet, die für die Versorgung der wachsenden Bevölkerung von großer Bedeutung war. 1587 ging die Herrschaft Hernals an Hans Jörger über, der die protestantische Prägung weiter verstärkte. Doch 1627 wurden alle Protestanten aus dem Gebiet ausgewiesen. Im 18. Jahrhundert wurde das religiöse Leben durch die Errichtung des Kalvarienbergs und die Verlegung des Offizierstöchtererziehungsinstituts ins ehemalige Paulinenkloster geprägt. Die Infrastruktur entwickelte sich weiter, etwa durch den Bau der Herr-Nallser-Regierungswasserleitung 1798-1801. Im Zuge der Industrialisierung und des Bevölkerungswachstums im 19. Jahrhundert entwickelte sich Hernals zu einem bedeutenden Vorort Wiens. Während der Revolution 1848 kam es zur Gründung der Herr-Nallser-Arena und der Nationalgarde. 1865 verband eine Pferdetramwei erstmals den Vorort mit der Stadt Wien. Hernals erhielt 1883 als erste Vorortsgemeinde ein eigenes Rathaus und 1887 wurde das Herr-Nallser-Schlachthaus eröffnet. Mit der Eingemeindung der damals nach Wien größten Gemeinde Niederösterreichs, Hernals, und der beiden deutlich kleineren Orte Dornbach und Neuwaldegg, entstand 1892 der heutige 17. Bezirk in seiner charakteristischen Längsform von West nach Ost. Der der traditionellen Besiedlungsachse der Als folgte. Besiedlungslücken wurden geschlossen und insbesondere Hernals nochmal verdichtet. Zu den weiteren wesentlichen Neuerungen im Jahrhundertwende Großstadtbezirk Hernals zählten die Abtragung des Linienwalls, der Bau der Gürtellinie, der heutigen U6, der Bau der Vororte-Linie, sowie die Öffnung des ersten kommunalen Hallenbads, des Jörgerbades. Ebenfalls in diese Zeit fällt 1904 die Errichtung des Stadions In Dornbach, das heute noch die Spielstätte des Wiener Sport-Clubs und den ältesten noch bespielten Fußballplatz Kontinentaleuropas darstellt. Und auch wenn gerade noch Umbaupause herrscht, so wird es auch hier in Zukunft wieder heißen,„Hernois is ois“.-Ja, danke für die Heimatkunde, Andreas. Das Jörgerbad, die Umgebung, wie schaut es eigentlich dort aus? Kannst du das auch kurz ein bisschen schildern?-Ja, also das Jörgerbad selber liegt recht zentral. Es liegt namensgebend an der Jörgerstraße. Also Parallelstraße zur Hernalser Hauptstraße. In direkter Gürtelnähe, gut erreichbar, auch für Leute, die aus anderen Bezirken anreisen wollen. Und es ist von außen, hat so eine schöne klassische Fassade. Also es ist schon ein auffälliger Bau. Und innen, da gefällt es dir besonders gut.-Ja, es ist wirklich wortwörtlich ein sehr prächtiges Bad. Also die Galerie ist wunderbar. Die Fassade ist schön. Die Innenausbauten sind wirklich sehr gediegen. Man merkt so gutes Handwerk. Und es gibt auch sehr viel Flair mit neuen Einbauten in den 70er Jahren. Also von dem her ist das Jörgerbad wirklich eine Augenweide.-Genau, das Jörgerbad im 17. Bezirk ist ja das älteste noch bestehende Wiener Hallenbad. Und auch das erste Hallenbad, das im Besitz der Gemeinde Wien war. Auch ganz wichtig, das ist ja nicht selbstverständlich. Und das Jörgerbad wurde 1914 eröffnet. Damals noch als Kaiser-Franz-Josef-Bad. Und nach dem Ende der Monarchie kam erst die Umbenennung. Wien selber hat ja eine große Vielfalt an Bädern. Gebadet wurde quasi schon immer. Wir haben da Dokumente aus der frühen Neuzeit. Die zeigt, dass freies Baden vor allem in den zahlreichen Donauarmen bei Wien und in der Wien selbst wohl immer schon praktiziert wurde. Wobei recht auffällig ist, dass die verschiedensten Quellen immer wieder darauf hinweisen, dass die Zahl derer, die schwimmen konnten, wahrscheinlich sehr gering war. Daher auch eine hohe Zahl an Ertrunkenen.-Kann man eigentlich sagen, die Leute waren mehr Baden, nicht Schwimmern?-Genau, also ich glaube es geht um das Wasser an sich. Das Bad hat mehrere Funktionen. Erfrischung. Hygiene. Also es war jetzt kein Schwimmsport. 1633 wurden von der Regierung Niederösterreichs die Richter der Vorstädte Wiens, also man muss bedenken, Wien war damals ja natürlich noch Bestandteil von Niederösterreich, angewiesen, das freie und öffentliche Baden in der Donau abzustellen. Weil die Obrigkeit sah darin weniger jetzt das Positive, sondern auch etwas Unsittliches, Schreckliches, Sündhaftes, vielleicht sogar Krankmachendes. Und wollte was dagegen unternehmen. Dass die Wirkung dieses Verbots, aber offensichtlich relativ gering war, sieht man daran, dass in rascher, fast jährlicher Folge immer wieder neue Erlässe veröffentlicht wurden oder die alten halt wiederholt zur Kenntnis gebracht wurden. Im Jahr 1717 dann zum Beispiel lässt die niederösterreichische Landesregierung in einem Ruef einem von einem Ausrufer veröffentlichten Erlass kundmachen, dass Personen, die öffentlich in der Donau oder in der Wien nackt badend angetroffen werden, die Kleidung beschlagnahmt werden sollen. Ich meine daran sieht man auch, was wahrscheinlich das Problem der Obrigkeiten war.-War, aber nicht besonders sinnvoll, oder? Wenn die Leute schon nackig sind und dann noch am Ende die Kleidung wegzunehmen, dann sind sie erst recht nackig.-Naja, es ging halt um die Bestrafung der Entwürdigung. Also die sollten dann auch bloßgestellt werden. Also sozusagen der Weg von der Donau nach Hause, der ist dann eine Art Spießroutenlauf. 1752 wurde das Ganze sogar nochmal verschärft. Also da gab es dann auch Zuchthausstrafe, Prügelstrafe, bis hin zur Auspeitschung wurden angedroht. Das Spannende ist aber, dass natürlich, also man kann ja die anderen positiven Aspekte nicht völlig wegleugnen. Also es geht da auch, wie so oft, um Kontrolle. Deswegen war das Verhalten der Obrigkeit gegenüber denjenigen, die jetzt Freibäder benutzt haben, wo das Ganze kontrollierter abgegangen ist, ganz anders. Also die wurden von der Obrigkeit teils auch selbst erbaut und betrieben. Also da kommt natürlich auch das Kommerzielle mit ins Spiel.-Und wahrscheinlich auch Hygienemaßnahmen oder medizinische Überlegungen.-Genau, also Kontrolle und Profit, wie es so oft ist. Diese Freibäder bestanden meist aus Schwimmkörpern, quasi so Umkleidekabinen. Und in deren Mitte war ein Schwimmbecken. Wie so ein Korb. Und das wurde von Donauwasser durchspült. Vorteil dieser Bäder war natürlich, dass man eben die Badenden unter Kontrolle hatte, die Geschlechter waren getrennt, alle waren sittsam gekleidet. Und aber auch durch das Schwimmbecken war natürlich das Risiko zu ertrinken minimiert. Und damit waren aus Sicht der Obrigkeit negative Punkte ausgeschlossen. Beispiele für Bäder dieser Epoche sind das Schüttelbad, das Ferrobad, Badeanstalt am Tabor, das Ferdinand-Marienbad.-Vor allem am Donaukanal oder dem damaligen Donaukanal.-Genau, und Donaukanal ist eh schon das richtige Stichwort. Also ändern tut sich das alles dann mit der Donauregulierung 1870 bis 1875. Da verändert sich die Lage der Gewässer und das Bäderangebot sehr stark. Einige Bäder verschwinden, andere werden an anderen Uferabschnitten durch Neubauten ersetzt. Das Wildbaden wird insgesamt ein bisschen zurückgedrängt. Bekanntestes Bad ist zu jener Zeit sicherlich das Gänsehäufel, 1907 eröffnet. Dort noch mit Geschlechtertrennung. Und was natürlich in der Zeit auch aufkommt, also so 19. Jahrhundert, sind Hallenbäder. Hallenbäder bieten natürlich die Möglichkeit auch während der kalten Jahreszeit oder bei schlechtem Wetter das Bad aufzusuchen. Also weil sonst immer den ganzen Winter ohne Wasser auch schwierig. Und die Stadt Wien überließ deren Errichtung ursprünglich privaten Betreibern. Das ist eigentlich das Spannende. Das beginnt schon Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Diana-Bad, das ist 1808. 1818 das Eszterhazy-Bad. 1838 das Sophien-Bad. Später auch das Zentral-Bad, das heutige Kaiserbrünndl. Und dann aber als Neuerung die Errichtung des Jörgerbads. Und die steht im Zusammenhang mit dieser langen Wiener Bad-Tradition. Aber ist insofern eine Neuigkeit, als es eben erstmalig die Stadt selbst ist, die das Ganze in Auftrag gibt. Das Jörgerbad wurde in 20-monatiger Bauzeit als Wannendampf- und Hallenschwimmbad errichtet. Im Mai 1914 vom damaligen Wiener Bürgermeister Richard Weiskirchner eröffnet. Und eben zunächst einmal als Kaiser-Franz-Josef-Bad der Stadt Wien geführt. Den Namen Jörgerbad nach der Adresse Jörgerstraße 42-44 hat es dann zu Ehren von Graf Johann Quentin I. Jörger bekommen. Das aber interessanterweise erst nach Zusammenbruch der Donaumonarchie. Auf das werden wir ganz am Ende der Sendung nochmal eingehen. Auf die Jörger selbst. Es ist das älteste Hallenbad der Stadt Wien. Und es sorgt auch prompt für Aufsehen. Denn vor allem der Umgang mit den Geschlechtern war revolutionär und familienfreundlich. Das Jörgerbad war nämlich das erste Hallenbad einerseits mit einem eigenen Kinderbecken, das hat auch mit dem Grundriss zu tun. Also der Grundriss war quasi zu schmal, dass man dort das übliche 33 ein Drittel Meter lange Sportbecken bauen konnte. Wo dann halt einfach drei Längen 100 Meter gewesen wären. Sondern man musste ein kürzeres Sportbecken bauen. Und dafür konnte man aber ein Kinderbecken bauen. Und das zweite war, dass erstmalig in dieser Zeit Frauen und Männer gemeinsam in einer Schwimmhalle schwimmen konnten.-Sodom und Gomorrha für Wiener Verhältnisse.-Gomorrha. Oder Familien können einmal gemeinsam baden gehen. Je nachdem wie man sieht. Das Bad bot 469 möglichen Benutzerinnen und Benutzern. 274 Umkleidegelegenheiten in Form von Kabinen und Kästchen. Architektonisch bemerkenswert an dem Jörgerbad, und das wird jeder wissen, der dort schon mal war, ist das Glasdach der Schwimmhalle. Welches sich schon damals elektrisch öffnen lässt. Und eine Fläche von 16 mal 9 Metern freigibt.-Wirklich spektakulär, wenn sich sowas öffnet.-Genau. Es entstand halt als Antwort auf die schlechten hygienischen Bedingungen jener Zeit. Das muss man auch dazu sagen. Und den Mangel an leistbaren Badeeinrichtungen für die wachsende Arbeiter*innenbevölkerung. Die Stadt Wien hat daher beschlossen Volksbäder zu errichten. Und das Jörgerbad ist so eines. Und wir sehen ja, dass auch diese Aspekte wichtig sind. Es ist nicht nur ein Bad mit einem Schwimmbecken, sondern wir haben eben auch das Tröpferlbad. Wir haben das Wannenbad, das auch heute noch in Funktion ist. Wahrscheinlich nicht mehr so notwendig, aber es gibt es. Spannend ist, jeder Badegast bekommt dieselbe Menge an heißem Wasser. Und darf dann selbst entscheiden, wie viel kalt das Wasser dazu kommt.-Aber es war vor allem als Zweck der Regeneration da. Also, dass man eigentlich Arbeitskräfte wiederherstellen kann. Und dass die Menschen gesund bleiben, sich gesund bewegen.-So ist es. Es war insofern sozial ein Vorreiter. Und aber auch architektonisch spannend. Im Stil der Wiener Werkstätten, im Jugendstil. Also die Moderne umfassend. Und da hat es eben mit dem Wannen, dem Dampf und den Luftbädern zahlreiche Angebote zur Körperpflege gegeben. Und als solches wurde es dann auch über die Zwischenkriegszeit hin genutzt. Den Zweiten Weltkrieg selber hat das Jörgerbad relativ unbeschädigt überstanden. Allerdings war dann die Anlage relativ bald stark veraltet. Und im Zuge der städtischen Bäderoffensive ab den 1960er Jahren wurde es ebenso wie viele andere Hallenbäder modernisiert und neu gebaut. Technisch präsentiert es sich heute auf dem neuesten Stand. Die historische Architektur besteht weiterhin. Aber unterhalb ist einfach jetzt modernste Technik am Werken. Also wo früher so Heizkessel gestanden sind, gibt es jetzt den Anschluss an die Fernwärme. Außerdem wird die Wasserqualität, Wassertemperatur, Wassermenge vollautomatisch geregelt. Früher war man abhängig von so Fassungen des Wassers im Dachresort. Heute ist das natürlich alles kein Problem mehr.-Vollautomatisiert, also wirklich ein hochmodernes Bad im Rahmen eines architektonisch wertvollen historischen Gebäudes.-So ist es. Und was natürlich auch noch eine wichtige Erneuerung dann war, ist, dass das Jörgerbad kein reines Hallenbad mehr ist, sondern das Jörgerbad wurde mit Becken im Freien und einem kleinen Park zusammengelegt und hat jetzt einen Außenbereich auch, sodass man ganzjährig ein Angebot hat. Und zwar ein Angebot nicht nur jetzt für Körperpflege, das ist eher in den Hintergrund getreten, sondern mehr auch für Naherholung, Sport und Spaß für Jung und Alt in einer doch sehr urbanen Gegend, in einer sehr dicht besiedelten.-Eine richtige Wellness-Oase zu moderaten Preisen mitten in der Stadt.-Noch immer auch trotzdem bedeutend für den Bereich der öffentlichen Gesundheit. Vor allem muss man auch sagen, die Möglichkeit halt im städtischen Bereich durchaus auch mit Schwimmkursen schwimmen zu lernen. Also eigentlich eine ganz, ganz wichtige Technik zum Überleben des Menschen zu erlernen.-Die Bäder wurden am Anfang auch eingerichtet, um hauptsächlich den Leuten das Schwimmen beizubringen. Zuerst waren es ja auch Militärbäder. Also soweit ich mich erinnern kann, war ja auch so, dass bei der Schlacht Aspern ja mehr österreichische Soldaten ertrunken sind, als von napoleonischen Soldaten erschossen wurden. Und dementsprechend war es absolut notwendig, dass die Leute und die Bewohner in der Stadt schwimmen lernen. Und da, glaube ich, haben die Bäder eine ganz wichtige Rolle gespielt. Und spielen ist auch nach wie vor eine wichtige Rolle. Und soweit ich immer auch Statistiken in Erfahrung gebracht habe, geht ja auch wieder die Schwimmfähigkeit bei jungen Menschen auch wieder zurück. Also da gibt es wieder Nachholbedarf. Und dementsprechend eine wichtige Rolle spielen die Bäder und müssen auch erhalten bleiben.-Dennoch, ich habe es ja schon am Beginn angedeutet, das Jörgerbad ist ja benannt nach einem Adligen aus dem Geschlecht der Jörger. Und das ist schon auch ein wichtiger Punkt für Hernals. Weil Hernals zeichnet ja etwas aus, was viele andere Bezirke nicht haben. Hernals war nicht nur eine recht bedeutete Siedlung außerhalb Wiens, bevor es überhaupt ein Teil Wiens wurde, sondern es war auch ein Zentrum des Protestantismus in Österreich. Also im 16. Jahrhundert sind die damaligen Grundherren zum Protestantismus übergetreten. Und die protestantischen Gemeinden spielten in der Geschichte von Hernals eine herausragende Rolle, insbesondere im 16. und 17. Jahrhundert.-Das vergisst man ja immer wieder, dass Wien ja auch Mitte des 16. Jahrhunderts eine Hochburg des Protestantismus war.-Genau, also eigentlich war Wien dann schon mehrheitlich protestantisch. Und es war das reaktionäre, gesellschaftliche, politische und kulturelle Programm der Habsburger, das unter dem Namen Gegenreformation firmiert, das eigentlich diese Verhältnisse wieder umgedreht hat. Aber dieses Programm war ein durch und durch gewalttätiges im Grunde. Also da ist wieder neue Linie gemacht worden, da sind Menschen verfolgt worden, da ist alles auch an kulturellen Erzeugnissen in den Dienst dieser Sache gestellt worden. Und das ist etwas, was wahrscheinlich in seiner Gültigkeit bis heute in gewisser Weise nachwirkt. Also Österreich wird ja dann auch so als Barockland gesehen, aber ganz viel hängt hier eben mit der Gegenreformation zusammen.-Also richtige politische, blutige Säuberungen, die da stattfanden.-So ist es, so ist es. Und in diesem Zusammenhang sind dann auch die Jörger einerseits enteignet worden, und andererseits etwas in den Hintergrund getreten. Und es ist relativ spannend, dass bei der Eröffnung dieses Bad noch Kaiser-Franz-Josef-Bad genannt wurde 1914. Und dann ein paar Jahre später, wie sich dieses katholische Kaiserreich ad absurdum geführt hat, da kommt man dann auf die Idee, sich wieder der Jörger zu besinnen. Und da wird dieses Bad umbenannt. Zu diesem protestantischen Wien gäbe es noch viel zu sagen, ist nicht das heutige Thema. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass da wirklich ein spannendes Thema noch versteckt ist. Vielleicht können wir ja in einer zukünftigen Folge noch ein bisschen mehr dazu besprechen.-Auf jeden Fall. Der Kalvarienberg, der auch ums Eck vom Jörgerbad sich befindet, das ist ein super Thema. Und darüber werden wir sicher noch sprechen.-Jetzt bleibt mir noch zu fragen, im Jörgerbad oder in der Gegend rund um das Jörgerbad gibt es da einen Ort, den du uns besonders empfehlen willst?-Das Jörgerbad an sich ist, wie schon gesagt, eine Augenweide. Und es gibt so viele Plätze innerhalb des Jörgerbads, wo man sich gerne aufhält. Nur Details. Das Treppenhaus ist wunderschön, mit sehr schönen Glasmalarbeiten. Aber auch natürlich das Außenbecken. Wenn man sich auf eine Liege dorthin legt, glaubt man wirklich, man ist im Urlaub. Also wunderbar, die Sonne zu genießen. Ja, eine Wellnessoase in der Stadt. -Naja, ich würde sagen, ganz in der Nähe ist das Bezirksmuseum Hernals. Nie ein Fehler, sich ein bisschen mit seiner näheren Umgebung zu beschäftigen. Mehr Informationen zum Bezirksmuseum und zu den leider nicht ganz umfangreichen Öffnungszeiten dann in den Tipps. Ansonsten bleibt dem Walter und mir nur uns zu verabschieden. Mit dem Hinweis, bitte teilt und liked den Podcast. Und wenn ihr irgendwelche Hinweise für uns habt, vor allem auch Themen, über die ihr uns gerne sprechen hört, schickt uns doch eine E-Mail an podcast@ma53.wien.gv.at. Es verabschieden sich Andreas und Walter. An Tipps haben wir für euch zwei antiquarische Bücher. Zunächst der sehr schöne Band von Wilhelm Seledec, Helmut Kretschmer und Herbert Lauscha „Baden und Bäder in Wien“. In Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien. Erschienen im Europa Verlag Wien 1987. Dann Irene und Christian Keller „Die Jörger von Tollet und ihre Zeit“. Begleitkatalog zur Sonderausstellung Standpunkte im Schloss Tollet. Ried 2010. Und natürlich finden wir wieder, man sollte die Orte aufsuchen, über die wir gesprochen haben. Insofern besucht das Jörgerbad. Das Freibad, das Hallenbad und die Sauna haben täglich geöffnet. Und das Bezirksmuseum Hernals in der Hernalser Hauptstraße 72 bis 74 hat montags 16 bis 19 Uhr geöffnet. Und was auch nicht allzu weit entfernt ist, der Wiener Sport-Club auf dem ältesten noch bespielten Fußballplatz Kontinentaleuropas bekommt ein neues Stadion, das Ende des Jahres 2025 fertiggestellt wird. Und der Vollbetrieb geht dann im zweiten Quartal 2026 mit über 5500 Zuseherinnen-Kapazität in der gewohnten englischen Atmosphäre los. Und es kann dann wieder heißen,„Hernois ist ois“.

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